Riace

«Riace: Stadt des Empfangs und der Humanität» – steht auf der Ortstafel des Städtchens in Süditalien. In einem Klima der Abschottung, in dem Hilfsorganisationen daran gehindert werden, Ertrinkende aus dem Meer zu retten, in dem die italienische Regierung Geflüchtete in die libyschen Folterlager zurückschickt oder sie als Ackersklaven auf den Tomatenplantagen verelenden lässt, da lohnt es sich, diese Geschichte tausend und tausend Mal zu erzählen. Sie ist der lebendige Beweis, dass es möglich ist, in die Mauer der Festung Europa noch Breschen zu schlagen. Trotz starker Abwanderung ist Riace nicht von der Landkarte verschwunden. Es ist dank seiner Öffnung gegenüber Migrant_innen lebendig geblieben.

Als 1998 zum ersten Mal ein Flüchtlingsschiff vor die Küste des Dorfes getrieben wurde, waren die Menschen im Dorf bereit, die Geflüchteten zu empfangen. In Riace weiss man noch, was es heisst, weg zu gehen, seine Wurzeln zu verlieren und ohne Mittel in einem andern Land anzukommen. So entstand die Idee, Häuser, die seit dem Wegzug ihrer Bewohner_innen leer standen, zu renovieren und jenen zur Verfügung zu stellen, die vor der Küste gestrandet sind. Gleichzeitig kam die Idee auf, die alten landwirtschaftlichen und handwerklichen Aktivitäten wieder zu beleben, um so als Dorf dem scheinbar unvermeidlichen Schicksal des Aussterbens zu entgehen.

ITALIEN / MIGRATION: Gute Nachrichten aus Riace

von Barbara Vecchio, 11.11.2023, Veröffentlicht in Archipel 330

Am 11. Oktober 2023 hat das Berufungsgericht in Reggio Calabria das erstinstanzliche Urteil mit seinen extrem harten Strafen gegen den ehemaligen Bürgermeister von Riace, Domenico Lucano, und die weiteren Angeklagten völlig umgestossen. Es kam zu einem Urteil, das endlich den Geschmack von Gerechtigkeit in sich trägt: 15 der 17 Angeklagten wurden bedingungslos...

ITALIEN: Schiffbruch der Menschenrechte

von Barbara Vecchio, EBF, 14.04.2023, Veröffentlicht in Archipel 324

Die neue rechtsextreme Regierung Italiens hat das Jahr 2023 mit ihrem ersten Gesetz eingeläutet. Ein Gesetz, das nicht im Geringsten eine Antwort auf eine Notlage des Landes ist, sondern lediglich dazu dient, den Wählerinnen und Wählern zu versichern, dass die im Wahlkampf propagierte Politik der Abschottung und des Hasses gegenüber geflüchteten Menschen konkret umgesetzt wird.

Das...

ITALIEN: Riace - Neues zum Prozess

von Barbara Vecchio, EBF, 12.01.2023, Veröffentlicht in Archipel 321

Im November 2022 erhielt Domenico Lucano, der ehemalige Bürgermeister von Riace, im Rathaus von Marseille die Ehrenmedaille der Stadt und teilte uns bei dieser Gelegenheit sein Erstaunen und seine Bitterkeit mit: Während er diesseits der Alpen (und im Rest der Welt) wie ein Held angesehen ist, wird er in seinem eigenen Land wie ein Verbrecher behandelt.1

Im letzten Dezember habe ich...

ITALIEN: Und was ist mit Riace?

von Barbara Vecchio, EBF, 13.12.2022, Veröffentlicht in Archipel 320

Am 5. November hallt in Marseille der Rathausplatz von italienischen antifaschistischen Slogans und Liedern wider. Eine kleine, mehrfarbige Menschenmenge wartet auf den Auftritt von Domenico Lucano, dem ehemaligen Bürgermeister von Riace, dem kleinen kalabrischen Dorf, das zum Symbol der Gastfreundschaft geworden ist und dem der Bürgermeister von Marseille, Benoît Payan, gerade die...

MIGRATION / ITALIEN: Wegen der Verurteilung Domenico Lucanos

von Archipel-Redaktion, 15.01.2022, Veröffentlicht in Archipel 310

Mehrere Leser⸱innen schrieben uns, nachdem sie den Artikel "Menschlichkeit – ein Verbrechen?" im Archipel Nr. 308 (November 2021) gelesen hatten, schockiert über die skandalöse Verurteilung des ehemaligen Bürgermeisters von Riace, Domenico "Mimmo" Lucano. Sie fragten uns, wie sie gegen dieses brutale Urteil protestieren könnten, da wir in dem Artikel keine entsprechenden Hinweise gegeben...

ITALIEN / MIGRATION: Menschlichkeit – ein Verbrechen?

von Tonino Perna, Reggio Calabria, 15.11.2021, Veröffentlicht in Archipel 308

Das Dorf Riace in Süditalien ist weltbekannt als Modell für den Empfang von Mig-ran·tinn·en. Am 30. September 2021 wurde der ehemalige Bürgermeister und Initiator dieses Projektes, Domenico «Mimmo» Lucano, von einem Gericht in Kalabrien zu einer drastischen Strafe verurteilt. (1)

Das Urteil des Gerichts in Locri, das Mimmo Lucano zu 13 Jahren und zwei Monaten Gefängnis verurteilt...

ITALIEN / MIGRATION: Solidaritätsschreiben an Domenico Lucano

von EBF, 15.11.2021, Veröffentlicht in Archipel 308

Eine Schande! Ein inakzeptables Urteil. Ein sehr schweres und ungerechtes Urteil. Die politische Linie der letzten Jahre trifft diejenigen, die nicht akzeptieren, sich ihrer zerstörerischen Wirtschafts- und Machtlogik zu unterwerfen. Domenico Lucano ist das Opfer eines politischen Prozesses. Die Infamie, die seit einiger Zeit ihr Unwesen treibt, versucht die Arbeit und das Engagement von...

ITALIEN: Wiedereröffnung der Krankenstation in Riace

von Roberta Ferruti, RECOSOL, Rom, 13.04.2020, Veröffentlicht in Archipel 291

Am Wochenende vom 7. bis 9. Februar 2020 wurde in Riace gefeiert: Zwei Monate nach der Schliessung der Ambulanzstation auf Entscheid des Lega-nahen neuen Bürgermeisters hat sie endlich wieder – ein paar Strassen weiter – ihre Türen geöffnet; in diesem Dorf in Kalabrien weht nach wie vor der Wind der Veränderung. Vor genau einem Jahr, am 9. Februar 2019, schrieb Alex Zanotelli folgende Worte...

RIACE – wie es weitergeht

von Barbara Vecchio, Hannes Reiser EBF, 01.10.2019, Veröffentlicht in Archipel 285

Es war das Ende eines Albtraums. Am 5. September 2019 wurde die Verbannung des ehemaligen Bürgermeisters Domenico (Mimmo) Lucano aus seinem Dorf Riace aufgehoben. Das Gericht der kalabresischen Kreisstadt Locri hob diese vorsorgliche Massnahme auf, am gleichen Tag, an dem der Innenminister Salvini aus der italienischen Regierung ausgeschieden war.

Mimmo wurde in seinem Dorf mit einem...

Riace – Trauer und Hoffnung

von Barbara Vecchio, EBF, Mitglied der Stiftung E’stato il vento, 01.07.2019, Veröffentlicht in Archipel 283

Zweifellos kann man die gesamte Geschichte, die sich in Riace abspielt, auch über Internet mitverfolgen, denn die Dinge, die sich in diesem kleinen kalabrischen Dorf zutragen, wie auch das Schicksal seines Bürgermeisters, machen weiterhin Schlagzeilen in Italien und darüber hinaus. Etwas anderes ist es jedoch, nach Riace zu reisen und anderthalb Monate dort zu leben, denn nur so erfährt...