SCHWEIZ:Die Schattenseiten der OSZE

von Claude Braun, Hannes Reiser, EBF Schweiz, 30.03.2015, Veröffentlicht in Archipel 235

Anfang Dezember 2014 fand in Basel die Ministerratskonferenz der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) statt, an der 1.200 Delegierte aus 57 Staaten teilnahmen.

Die Innenstadt verwandelte sich in eine regelrechte Festung: 5.000 Soldaten wurden aufgeboten, der Flugverkehr eingeschränkt und das Gebiet um den Messeplatz grossräumig abgesperrt. Verschiedene Bündnisse wurden geschlossen und riefen zu Aktionstagen und Kundgebungen gegen diesen Grossanlass auf. Das Europäische BürgerInnenforum (EBF) wurde vom Basler Bleiberecht-Kollektiv gebeten, einen Aufruf zu unterzeichnen, der sich insbesondere gegen die Zusammenarbeit der OSZE mit der Flüchtlings-Abwehragentur Frontex wandte. Wir wollten jedoch diesen Aufruf so nicht unterstützen und erklärten den Mitgliedern des Komitees nach dem Anlass unsere Beweggründe, boten ihnen aber gleichzeitig an, ihre Argumente in nebenstehendem Artikel auszuformulieren.
Die KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) wie sie anfänglich hiess, wurde 1973 gegründet als der Kalte Krieg zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt auf seinem Höhepunkt war. Im sogenannten Helsinki-Abkommen verpflichteten sich die Teilnehmerstaaten für die Unverletzlichkeit der Grenzen, zur friedlichen Regelung von Streitfällen, zur Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.* Die Initiative zur Gründung der KSZE kam von der damaligen Sowjetunion, welche als Alternative zum zerstörerischen Wettrüsten auf eine Politik der gegenseitigen Verständigung setzte. Bis heute ist die OSZE eines der wenigen internationalen Gremien, das als Vermittler in Konfliktsituationen auftreten kann. Ein anschauliches Beispiel dafür ist ihre Rolle im Konflikt in der Ostukraine. Sie bringt es als einzige Organisation zustande, die kriegführenden Staaten und Organisationen an den Verhandlungstisch zu bringen, und würde daher mehr Unterstützung, insbesondere von der europäischen Staatengemeinschaft verdienen. In Anbetracht dieser immanent wichtigen Tätigkeit, schien uns die Kritik an ihrer Verquickung mit Frontex zweitrangig.
Selbstverständlich hindert uns diese Relativierung nicht daran, die Flüchtlingsabwehr-Politik Europas zu kritisieren. Die Tausende von Toten im Mittelmeer sind einem Massenmord gleich zu setzen und gehören vor einen internationalen Gerichtshof. Wir optieren für eine offene Flüchtlingspolitik und schliessen uns in diesem Sinn dem aktuellen Aufruf an, 100.000 Flüchtlinge aus Syrien in der Schweiz aufzunehmen.

* Siehe dazu WOZ-Artikel von Andreas Zumach vom 27.11.2014