PATRIARCHAT / FRAUENBEWEGUNG: Frauen bildet Banden

von Kollektiv Iasotras, 13.04.2020, Veröffentlicht in Archipel 291

PATRIARCHAT / FRAUENBEWEGUNG: Frauen bildet Banden Die «Rote Zora» war in den 1970er und 1980er Jahren eine militante Frauengruppe in der BRD, die sich klandestin organisierte. Sie verübte rund 45 Anschläge aus Protest gegen ein patriarchales System, das auf der Gewalt gegen Frauen basiert. Jetzt wurde dieser Teil der Frauenbewegung in einem Film (1) dokumentiert. Die feministische Gruppe ging aus den Revolutionären Zellen – einer militanten, linksradikalen Gruppe, die sich selbst als «Stadtguerilla» verstand – hervor. Ihr Name greift das Kürzel RZ auf und ist angelehnt an das Buch Die rote Zora und ihre Bande. Frauenbanden zu bilden, stand im Mittelpunkt der Aktivitäten der Roten Zora. Ihre Aktionen richteten sich gegen eine Normalität, in welcher Frauen unterdrückt und ausgebeutet werden, u.a. gegen die alltägliche Gewalt gegen Frauen, gegen Vergewaltiger, gegen Gen- und Reproduktionstechnologien, das Abtreibungsverbot, Frauenhandel, Bevölkerungspolitik, internationale Ausbeutungsbedingungen und Flüchtlingspolitik als Ausdruck patriarchaler Herrschaft. Die Frauen in der Roten Zora wollten wie das Mädchen im Roman frech sein, bewusst Gesetze übertreten und auf diese Weise mit dem gesellschaftlichen Bild von Frauen brechen. Zentral war daher die Selbstermächtigung der FrauenLesben und der Bruch mit der zugeschriebenen Friedfertigkeit. Unbeteiligte sollten von den Angriffen nicht getroffen werden. Über militante Haltung und Handlung gewannen die Aktivistinnen Handlungsfähigkeit, die sie an andere Frauen weitergeben wollten. Sie stellten sich – ebenso wie grosse Teile der autonomen FrauenLesbenbewegung – gegen die Haltung von Teilen der Frauen*- und Friedensbewegung, dass Gewalt immer patriarchal sei.

Recherche

Die offizielle Geschichtsschreibung hat den militanten Teil der Frauenbewegung bisher ausgeblendet bzw. verschwiegen. Das wollte das Filmkollektiv ändern. Sie selbst waren Aktivistinnen der damaligen FrauenLesbenbewegung und können sich gut an verschiedene Diskussionen und Kampagnen erinnern. 2013 entstand die Idee, einen Film über die Rote Zora zu drehen. Viel Zeit verbrachten die Filmemacherinnen mit Recherchearbeit, da wenig Film- und Fotomaterial zum Thema vorhanden war. Es gelang ihnen, zwei ehemalige Rote-Zora-Frauen* zu kontaktieren, allerdings wollten diese nicht vor der Kamera sprechen. In ihren schriftlichen Antworten begründen sie, warum sie nicht sichtbar sein wollen. Erzählungen von verschiedenen Zeitzeuginnen, Interviews mit einer Historikerin und ehemaligen Zoras lassen die Geschichte der Roten Zora und der damaligen Frauenbewegung wieder lebendig werden. Historische Aufnahmen der Frauen- und Student·inn·enbe-wegung in der BRD bringen Erinnerungen an die damaligen Kämpfe zurück und betten sie in den politischen Kontext der damaligen Zeit ein. FrauenLesben aus anderen Ländern berichten über ihre Begegnung mit dieser Politik und ihrer Relevanz für heutige Kämpfe. Geschichte ist immer ein wichtiger Bezugspunkt, ein Referenzrahmen, den wir benötigen, um uns unser selbst sicher zu sein, aus Erfahrungen zu lernen und nicht die gleichen Fehler zu wiederholen. Die Selbstreflexion ist eine feministische Stärke, die im Film betont wird, aber vielleicht umfangreicher hätte ausfallen können. Darüber könnten weitere Filme entstehen... Die Texte der Roten Zora, Kommuniqués und die Reflexion «Milis Tanz auf dem Eis» sind mittlerweile in verschiedene Sprachen übersetzt worden, u.a. spanisch, italienisch, die in Buchform veröffentlicht worden sind und englisch, das im Netz kursiert. Der Film sowie die Übersetzungen sind mit sehr grosser Unterstützung von solidarischen Freund·inn·en entstanden – dafür ein herzliches Dankeschön! Die Premiere fand im März vergangenen Jahres statt und seither wurde «Frauen bildet Banden» an vielen Orten gezeigt. Ab Mai 2020 ist unter zora(at)lasotras.de auch die DVD zu erwerben, die 8 Sprachen als Untertitel bietet: englisch, französisch, farsi, griechisch, italienisch, russisch, spanisch, türkisch. Der Film ist inspirierend und zeigt, dass viele Themen der Roten Zora hochaktuell sind. Er bietet spannenden Diskussionsstoff zum heutigen Umgang mit dieser Geschichte.

  1. «Frauen bildet Banden», Dokumentarfilm, 75 min, Regie: Christine Lambesky & Maria Baumeister, Aufführungen und Kontakt: http://lasotras.de