EDITO - AUSNAHMEZUSTAND

von Constanze Warta, EBF, 17.04.2020, Veröffentlicht in Archipel 291

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Sie erhalten – falls die Post noch funktioniert – diesen Archipel in einer schwierigen Zeit. Wie wir alle haben Sie wahrscheinlich viel Interessantes und Widersprüchliches über den Virus, der das Leben auf dem Erdball zu verändern scheint, gelesen, gehört und gesehen. Wir stehen vor vielen Fragen und werden versuchen, die jetzige Situation nach und nach auch im Archipel zu analysieren.

  • Welche Zusammenhänge bestehen zwischen der Zerstörung der Natur (massive Abholzung von Wäldern, Umweltverschmutzung, Schadstoffe im Boden und in der Luft etc.) und der schnellen Ausbreitung eines Virus?
  • Welche Auswirkungen haben die hygienischen Massnahmen, die in den verschiedenen Ländern ergriffen wurden auf die Menschen? Was kann die «Gefangenschaft zu Hause» in den Menschen auslösen (Zunahme häuslicher Gewalt, insbesonders gegen Frauen und Kinder, Verzweiflung, Depression etc.) und welche Massnahmen können dagegen ergriffen werden?
  • Was passiert mit den Menschen, die kein «zu Hause» haben (Geflüchtete, Obdachlose, Gefängnis-insass·inn·en…)?
  • Was für politische, soziale und ökonomische und psychische Konsequenzen haben das Ausgangs- und das Versammlungsverbot?
  • Wie weit kann der Staat legitimieren, die Rechte seiner Bürgerinnen und Bürger einzuschränken bzw. abzuschaffen?
  • Wozu führt die Gewöhnung an ständige Kontrollen durch Polizei und Militär auf den Strassen, an Überwachungsdrohnen über unseren Köpfen und noch viel ausgeklügeltere Methoden wie z. B. die Geolokalisierung der Mobiltelephone?
  • Wie wirkt sich die Unmöglichkeit zu reisen auf das Klima aus? Wie die Tatsache, nur das Lebensnotwendige einkaufen zu können auf unser Konsumverhalten? Wer entscheidet über-haupt, was «lebensnotwendig» ist?
  • Wäre es möglich, wenn dieser «Spuk» vorbei ist, endlich Konsequenzen zu ziehen und die notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um die Zerstörung der Welt zu verhindern? Versuchen wir, kreativ zu sein, uns nicht unterkriegen zu lassen und unsere Freundschaften, politischen Engagements und die Solidarität mit denjenigen zu wahren, die unter den Massnahmen am Meisten zu leiden haben. Mit herzlichen Grüssen, für die Redaktion, Constanze Warta