Die Meinung ist weit verbreitet, dass einzig und allein die großen, multinationalen Firmen verantwortlich sind für die systematische Verbreitung und Entwicklung der Biotechnologien. Eine allzu bequeme Dialektik lenkt die Aufmerksamkeit ausschließlich auf diese großen Superstrukturen, gegenüber denen wir machtlos sind. Sicher bestreitet niemand, dass die Ziele von multinationalen Unternehmen wie Monsanto, Novartis oder Biogema möglichst großer Profit und die Vormachtstellung bei der Kontrolle über die Lebewesen unseres Planeten sind. Diese jedoch etwas vereinfachte Sichtweise vergisst oft, auf die „Helfershelfer“ hinzuweisen, die unentbehrlich sind, damit sich die Riesen des Agrobusiness in aller Ruhe entwickeln können. Man tut so, als würde sich die biotechnologische Industrie völlig ungestraft aus sich heraus entwickeln; alleiniger Kapitän an Bord des driftenden Schiffes. Die Biotechnologien können sich jedoch dauerhaft nur im Rahmen von Staaten und internationalen Institutionen entwickeln. Welch bewusste Unterlassung, so zu tun als würde man glauben, dass private Unternehmen mit der Welt, in der sie handeln und sich entwickeln, nicht tief verstrickt wären.
Diese intellektuelle Pirouette findet jedoch viele Nacheiferer. Die öffentlichen Forschungsinstitute reden vom „unentbehrlichen Fortschritt der Menschheit“, und die internationalen Institutionen geben sich als die Garanten gegen die Exzesse der liberalen Warengesellschaft aus. Regierungen wollen das Vertrauen von skeptischen Bevölkerungsteilen zurückerobern, und zahlreiche „aufgeklärte“, ökologisch denkende „Bürger-Konsumenten“ suchen verzweifelt nach einer ethisch akzeptablen Alternative zur Negation des Lebens durch die Techno-Wissenschaft.
Die Realität wird auf eine binäre Analyse reduziert: Die öffentlichen Institutionen und ihre Vertreter stehen den spekulativen Unternehmen gegenüber, die als einzige interessiert wären, die Herrschaft über das Leben auszuüben.
Zutreffender ist, dass auf beiden Seiten mit Begeisterung der gleichen Logik gefolgt wird. Dies beruht auf einer gegenseitigen Abhängigkeit der beteiligten Parteien, die, in heimlichem Einverständnis, munter die Karten dieses gefährlichen Spiels um die Oberherrschaft verteilen.
Zusammenfassend werden wir versuchen, einige Elemente zu analysieren, die es uns erlauben, mehr Klarheit zu schaffen.
Chaos und Reduktionismus Wir befassen uns hier an erster Stelle mit Biotechnologien, die, über den Weg der reduktionistischen Forschung, die Möglichkeit einer totalitären Unterwerfung der Welt darstellen, die bis zur völligen Zerstörung gehen kann. Es ist unmöglich zu definieren, ob wir nicht schon an einem Punkt angelangt sind, an dem es kein Zurück mehr gibt. Kein Wissenschaftler kann behaupten, die Konsequenzen der langfristigen Veränderungen zu kennen, die durch die Einführung von verändertem Erbgut in die Gene von Tieren und Pflanzen erzeugt werden. Die Anwendung der Gentechnologie durch Staaten oder Privatunternehmen stützt sich auf eine Theorie, die 1938 von Warren Weaver (Direktor der Abteilung für Naturwissenschaften der Rockefeller-Stiftung), unter dem immer noch gültigen Namen der Molekularbiologie erarbeitet wurde. Ein reduktionistisches Forschungsprogramm, das zur „Kontrolle der Natur mittels Manipulation von verkleinerten Fragmenten der Materie“ führen soll. Dieses Programm war Bestandteil des politischen Programms der amerikanischen Elite, eine neue „Wissenschaft des Menschen“ auf dem Hintergrund von eugenischen Träumen, zu schaffen. Die Molekularbiologie ist eine beeindruckende Sammlung von empirischem und experimentellem Wissen, das seine theoretischen Grundlagen nie stabilisieren oder vereinheitlichen konnte. Die Wissenschaftler arbeiten mit Axiomen, die weiterhin unaufgeklärt sind, wie beispielsweise die Gesetze der Ordnung und globalen Struktur der DNS. Zufällige Bastelei, im Namen der Vernunft, liefert die Grundsätze einer totalitären Ideologie, die behauptet, dass alles durch die Gene bestimmt wird.
In seinem Buch „Genetische Veränderungen, die Zeit der Manipulationen“, beschreibt Jean Claude Perez, wie die Genetik zu einem berauschenden Thema für die Forscher wurde. Seit der Entdeckung der hypothetischen doppelspiralförmigen Struktur der DNS, sind nur 5 Prozent des Erbgutes als „nützlich“ anerkannt. Die restlichen 95 Prozent werden als „Abfall DNS“ bezeichnet. Die Genforscher haben beschlossen, deren Existenz und ihre wahrscheinlichen versteckten Funktionen zu ignorieren. Man hat beschlossen, dass dieser Teil der DNS für die „Proteinsynthese“, ein unentbehrlicher Prozess der Molekularbiologie, unwichtig sei. Durch willkürliche Reduktion von Problemen vereinfacht man bis zur Karikatur eine verkannte Wissenschaft, um daraus so schnell wie möglich eine rentable Technologie zu machen. Indem Perez die Grundsätze der „Chaostheorie“ auf die Molekularbiologie überträgt, entdeckt er, dass das Genom Veranlagungen hat, hypersensibel auf kleinste Veränderungen zu reagieren. Die Chaostheorie besagt, dass selbst eine extrem präzise Kenntnis der Vergangenheit und der Gegenwart nur eine sehr kurzfristige Vorhersage der Zukunft erlaubt. Darüber hinaus ist es völlig unmöglich, die kommende Entwicklung vorherzusagen. Diese Unberechenbarkeit eines deterministischen Systems ist das Zeichen von „Chaos“. Nimmt man die Bombardierung eines unbekannten Gens innerhalb einer DNS als „seltsamen Attraktor“ (vergleiche den „Schmetterlingseffekt“ von E. Lorenz), ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass eine nicht sofort erkennbare Veränderung provoziert wird, deren Entwicklung und Konsequenz aber nicht rückgängig gemacht werden können. Mit der gentechnischen Veränderung von Organismen, ignorieren und verletzen die Biotechnologen die langsame und subtile Arbeit der Evolution über Millionen von Jahren. Die Gesetzmäßigkeiten, Regeln und Ziele dieser Arbeit sind der Wissenschaft unbekannt. Dies hindert allerdings die große Mehrheit der Molekularbiologen nicht, ihre Errungenschaften mit einem verblüffenden Determinismus einzuschätzen.
Die wissenschaftlichen Paradigmen, die in ihren Kreisen vorherrschen, handeln sie als „absolute Wahrheit“. Die Forscher, die am wenigsten reduktionistisch denken, geben zu, dass diese Paradigmen im Kontext der Forschung als „wahrscheinlichste Hypothese angesichts des aktuellen Wissensstandes“ bezeichnet werden müssen. Dennoch können Genforscher auf keinen Fall als unverantwortlich und noch weniger als „wissenschaftlich unschuldig“ beurteilt werden. Der Ungenauigkeiten ihrer Messungen und Modelle bewusst, haben sie die unangenehme Angewohnheit, sich auf das zu konzentrieren, was sie zu wissen glauben, und die Bereiche auszuklammern, die sie nicht beherrschen. Wenn die Wissenschaftler ihre Ergebnisse veröffentlichen, sprechen sie nur vom Kern ihrer Gewissheiten. Ein Forschungsergebnis, dass einige Ungewissheiten enthält, die in seinem Arbeitsfeld als solche erkannt werden, wird plötzlich zu einer absoluten Wahrheit, wenn es von anderen Forschern oder noch schlimmer, von Politikern und Industriellen übernommen wird. Das Forschungsteam von Shgeyuki Yokohama an der Universität von Tokio veröffentlichte im Februar in „Nature Biotechnology“ die Resultate seiner Arbeit, das zum Ziel hat, das Erbgut zu erweitern und zu modifizieren, indem man ihm ein neues Paar einheitlicher Elemente einführt, das synthetisch in einem DNS Molekül hergestellt wurde. Diese Wissenschaftler behaupten, eine neue Kombination hergestellt zu haben, die „die herkömmlichen Gegebenheiten übersteigt und es ermöglicht, die Schaffung von lebenden Organismen mit unvorstellbaren Eigenschaften“ in Betracht zu ziehen. Die Einführung eines verschiedenartigen genetischen Systems in den Organismus, das die Proteinsynthese beeinflusst und zur Entstehung eines veränderten und autonomen Organismus führen soll, der mit einer Maschinerie ausgerüstet ist, die auf Erden noch nie beobachtet wurde. Den Wissenschaftlern an den Universitäten geht es um nicht weniger als die „Genesis neu zu schreiben und das Werk der Schöpfung weiterzuführen, wie Gott es hätte tun können.“ Heute gibt es ungefähr zehn Wissenschaftsteams in den USA, Japan, Deutschland und in Frankreich, die auf diesem Gebiet arbeiten, alle in öffentlichen Forschungsanstalten, und deren Arbeiten natürlich von den großen Firmen genau verfolgt werden, da diese hinter diesem mystischen Wahnsinn medizinische und industrielle Anwendungsmöglichkeiten erhoffen.
Mit der Zeit erkennt sich die Forschung nur noch in der angewandten Wissenschaft, die sich auf produktive Sektoren beschränkt und deren Ziel die industrielle Anwendung ist. Hier die Aussagen einiger „Größen“, die unsere Ausführungen bestätigen. Guy Ribas, wissenschaftlicher Direktor bei der INRA, gestand offen in Montpellier im Februar 2001, dass die Prioritäten der öffentlichen Agronomieforschung in Frankreich seit den achtziger Jahren darin bestehen, Arbeitsplätze zu schaffen und die Marktanteile der Unternehmen zu sichern. Herr Kourilsky, Direktor des „Institut Pasteur“ sagte: „In der Forschung toleriere ich keine Grenzen, und diejenigen die solche errichten wollen, sind Faschisten“. Die Forschungslaboratorien sind heute wahrhaftige Produktionseinheiten. Nach den Aussagen eines Wissenschaftlers der Universität von Chicago, lag der technologische Vorsprung der USA bis vor kurzem darin, dass es das einzige Land war, indem man „mit Erfolg die Forschung in Business verwandelt hat.“
Man sieht gut, dass die Frage, ob öffentlich oder privat heute daneben schlägt. Der Traum einer Rückkehr zu den pseudo-moralischen Vorrechten des Staates vergisst, dass die Halunken, die Vorreiter eugenischer Theorien oder angewandter Nuklearforschung, nicht Betriebsleiter von privaten Firmen mit Börsenkapitalisierung ohne Ethik waren, sondern angesehene Forscher, die zum Teil sogar mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden.
Das Desaster ist vorprogrammiert. Bis es sich verwirklicht, bleibt wahrscheinlich genug Zeit, um es zu ökonomisch zu verwerten.
Risiken akzeptieren Aber jetzt geht es erst einmal darum, wie man die Bevölkerungen dazu bringen kann, diese vollendeten Tatsachen zu akzeptieren. Die Gentechnologie wird zum Huhn mit dem goldenen Ei. Die Staaten, internationalen Organisationen und Multinationalen sind sich einig, dass die Durchsetzung der sozialen Akzeptanz dieser Technologien eine Priorität ist. In einem Artikel von Clair Morris in der Zeitschrift „Biofuture“ erfahren wir, dass eine Gruppe von englischen Forschern einen Bericht zum Thema GMO’s veröffentlicht hat. Seine Schlussfolgerung lautet: „Die Öffentlichkeit ist weder dumm noch unwissend in bezug auf Risiken. Im Gegenteil, sie besitzt ein ausgearbeitetes Verständnis der wichtigsten Probleme. Anderseits kann die Forschung keine definitiven Antworten über die Sicherheit der neuen Technologien geben. Die Entscheidungen müssen daher viel unabhängiger und kollektiver gefällt werden, wenn man will, dass neue Technologien mit ungewissen Konsequenzen akzeptiert werden.“ Es ist nicht erstaunlich, dass die Vertreter der Genmanipulationen Soziologen zur Hilfe ziehen, um die Akzeptanz dieser Technologie herzustellen. Dem englischen Forschungsteam geht es ausschließlich darum, die institutionellen Entscheidungsmechanismen zu beeinflussen, damit die Ablehnung der GMO’s in der Öffentlichkeit sich nicht bei jedem neuen Technologieschub wiederholt. In den Vereinigten Staaten haben die Experten für öffentliche Akzeptanz des Risikos einen Forschungskorpus mit dem Titel „psychometrisches Paradigma“ geschaffen. Diese Leute behaupten vollen Ernstes, dass der Hauptunterschied in der Einschätzung der technologischen Risiken zwischen Wissenschaftlern und Bevölkerung darin liegt, „dass sie nicht von der gleichen Sache sprechen“. Es würde daher reichen, die Diskrepanz zwischen diesen verschiedenen Auffassungsweisen zu reduzieren, um den für die Entfaltung des Segens der Biotechnologien unentbehrlichen sozialen Frieden wiederherzustellen. Mit dem Argument der unwahrscheinlichen Heilung von einigen seltenen genetischen Krankheiten, die nur eine ganz kleine Minderheit von Menschen betreffen, will man uns die indiskutable Notwendigkeit der Gentherapie verkaufen.
Die Einführung von DNS-Datenbanken als Wundermittel gegen Kriminalität? Aus diesem Grund hat die gesamte Bevölkerung von Island akzeptiert, dass eine Privatfirma eine DNS-Datenbank über sie erstellt. Die französische Regierung hat die Sabotageaktionen gegen Freisetzungsversuche von GMO’s stark verurteilt und deren Gegner als Hinterwäldler und Mystiker bezeichnet. Jetzt schlägt sie vor, öffentlich über die Vor- und Nachteile dieser Technologie zu diskutieren. Eine beträchtliche Anzahl von Institutionen wurde zu diesem Zweck geschaffen: Nationale Kommission für die öffentliche Debatte, Bürgerkonferenz, anscheinend „offene“ Neubesetzung der Kommission für die Molekularbiologie und eine „sehr heterogene“ Besetzung der Kommission „Bio-Wachsamkeit“. Diese neuen Zwischenhändler und Tummelplätze der Anpassungsfähigkeit spielen ausgezeichnet ihre Rolle. Schauen wir uns zum Beispiel den Bericht an, der von vier Experten im Auftrag der französischen Regierung erstellt, und am 4. März veröffentlicht wurde. Die Schlussfolgerung der „4 Weisen“ ist, dass Freisetzungsversuche legitim und unentbehrlich sind, weil man sonst die gesamte Wissenschaft in Frage stellen muss. Der Professor Jacques Testart, einer der vier Experten und gleichzeitig Präsident der französischen Kommission für nachhaltige Entwicklung, schlägt vor, mehr Bürgerkonferenzen und parlamentarische Debatten zu organisieren, um eine größere demokratische Kontrolle herzustellen. Er schließt sich dem trügerischen Konzept der direkten Demokratie an, das bei europäischen Politikern viele Verfechter findet und das im allgemeinen darin besteht, schon beschlossene Tatsachen zur Diskussion zu stellen und zu bestätigen. Der Staat tut einerseits so, als würde er mit den GMO-Gegnern diskutieren, macht es den Leuten glaubhaft, dass die Zivilgesellschaft an Einfluss gewinnt, und segnet die Akzeptanz der Technowissenschaften schlussendlich „demokratisch“ ab. Wen kann es da noch erstaunen, wenn Laurent Fabius, französischer Finanzminister, am 28. November 2001 stolz vor dem Parlament verkündet, dass im Rahmen einer Gesamtplanung zur Förderung der Biotechnologischen Konzept der direkten Demokratie an, das bei europäischen Politikern viele Verfechter findet und das im allgemeinen darin besteht, schon beschlossene Tatsachen zur Diskussion zu stellen und zu bestätigen. Der Staat tut einerseits so, als würde er mit den GMO-Gegnern diskutieren, macht es den Leuten glaubhaft, dass die Zivilgesellschaft an Einfluss gewinnt, und segnet die Akzeptanz der Technowissenschaften schlussendlich „demokratisch“ ab. Wen kann es da noch erstaunen, wenn Laurent Fabius, französischer Finanzminister, am 28. November 2001 stolz vor dem Parlament verkündet, dass im Rahmen einer Gesamtplanung zur Förderung der Biotechnologien sofort 150 Millionen Euros und später 2.250 Millionen Euros bereitgestellt würden. Ziel sei es, dass Frankreich Europas Vorreiter in den Biotechnologien werde.
Im Juli letzten Jahres hat Mark Malloch Brown, Direktor des PNUD, Programm der Vereinten Nationen für Entwicklungsfragen, ganz klar erklärt, dass die Entwicklungsländer, unter der Last der 800 Millionen Menschen, die an Unterernährung leiden, ihre Rettung nur in der Gentechnologie finden können. „Die Gentechnologie bringt uns das Versprechen auf Kulturen mit Virusresistenz, Anpassungsfähigkeit an trockenes Klima, sowie höherem Nährwert. Wir müssen im 21. Jahrhundert eine nationale und internationale Politik betreiben, die es erlaubt, gleichzeitig die Wohltat des technologischen Fortschrittes zu beschleunigen und die Gefahren, die diese Veränderungen gezwungenermaßen mit sich bringen, sorgfältig zu verwalten.“ Demzufolge meint der Direktor des PNUD, dass die Technowissenschaft und Gentechnologie dazu berufen sei, erstens alle Krankheiten zu heilen, und darüber hinaus die Dritte Welt zu ernähren, deren Problem die niedrige Produktivität sei. In seiner großen Güte hütet sich dieser Profi der Entwicklungspolitik natürlich zu sagen, dass die Staaten, die ihn finanzieren, diejenigen sind, die Kriege, Massaker und Hungersnöte schüren, um anschließend besser plündern zu können. Sie tragen die Verantwortung am Unheil, das zu lindern sie vorgeben.
Am 14. März 2000 haben sich die Präsidenten Clinton und Chirac gegen das Patentieren von menschlichen Genen ausgesprochen. Der G8-Gipfel vom 27. Juni 2001, der in Bordeaux tagte, beschloss dasselbe. Man könnte meinen, es handle sich um einen schönen Beschluss, im Zeichen sensibler, ethischer Betrachtungen. Wenige Beobachter hingegen stellten fest, dass dieser Entscheid dem Patentieren aller „nicht menschlichen“ Gene die Türe öffnet. Die UNESCO, seriöse Institution mit eigenem internationalem Komitee zur Bioethik, CIB, möchte sich anscheinend als ethischer Garant gegen die Auswüchse der Gentechnologie profilieren und die „Führerrolle für eine humane Zivilisation“ beibehalten. Die UNESCO hatte nichts gegen die Beschlüsse von Bordeaux einzuwenden. In Ihrem Rundbrief von Dezember 2001 schreibt Michael Kirby, australischer Richter, Mitglied des CIB und Gewinner des UNESCO Preises für Erziehung zu Menschenrechten: „Falls die internationale Gemeinschaft wirklich will, dass der Reichtum der durch die Gentechnologie produziert wird, der ganzen Menschheit zugute kommt, könnte ein Vertragswerk in bezug auf das Patentieren von Erbgut eine Priorität sein.“
Tatsache ist, dass vor allem in den USA und in Japan in den letzten Jahren Tausende von Patent-Anträgen für Gene, Pflanzenzellen, Tiere etc. eingereicht wurden. Hunderte von Patenten wurden im Namen „der Entwicklung des Wissens“ zugesprochen. Konkret sieht es so aus, dass der Besitzer eines Patents das ausschließliche Recht hat, „sein“ Gen industriell oder kommerziell zu nutzen. Die Dauer eines Patents beträgt 20 Jahre. Die Mitglieder der UNESCO und der CIB, die diesen Raubzug gegen die Natur nicht in Frage stellen, natürlich aber die Arbeit am menschlichen Genom ablehnen, schlagen vor, dass die pharmazeutischen Unternehmen, angesichts der Riesengewinne, die in diesem Sektor vorhersehbar sind, eine „Steuer“ von 2,5 Prozent den unterentwickelten Ländern zukommen lassen. Es handelt sich in gewisser Weise um eine Tobin-Steuer der Gene, Idee die zweifellos ihre Anhänger finden wird. Wie lange wird es dauern, bis man uns einen ethisch gerechten Handel mit Zellen vorschlägt?
Haben die Verwalter des wahrscheinlichen Desasters billig die alte Idee übernommen die besagt: „alles, was einfach ist, ist falsch...Alles, was nicht einfach ist, ist unbrauchbar.“? Es wird einmal mehr klar, dass es darum geht, unter dem Vorwand einer „präsentablen“ wissenschaftlichen Aktivität, die Grenzwerte der Toleranz zu erweitern und die Akzeptanz der Öffentlichkeit dafür sicherzustellen. Für uns gibt es keinen anderen Ausweg, als diese technisch-industrielle Wissenschaftsideologie kategorisch zurückzuweisen und zu verweigern. Denn selbst wenn sie ihre „Versprechungen“ nicht hält, findet sie zahlreiche Verbündete, die ihr, im Namen einer möglichen Regulation, hemmungslos den Weg ebnen.