UKRAINE: Dreizehn Jahre Lagerhaft

von Michael Rössler, EBF, 14.04.2023, Veröffentlicht in Archipel 324

Schockiert haben wir zur Kenntnis genommen, dass unser Freund, der ukrainische Menschenrechtsaktivist und Journalist Maxim Butkewitsch[1], von einem Gericht im besetzten Luhansk in der Ostukraine zu 13 Jahren verschärfter Lagerhaft verurteilt wurde.

Nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hatte sich Maxim Butkewitsch freiwillig zur Armee gemeldet. Seit dem 24. Juni 2022 befindet er sich in russischer Kriegsgefangenschaft in der Gegend von Luhansk. Am 10. März 2023 gab das Ermittlungskomitee der Russischen Föderation bekannt, dass Maxim Butkewitsch vom Obersten Gericht der sogenannten Luhansker Volksrepublik zu 13 Jahren verschärfter Lagerhaft verurteilt wurde.[2] In den russischen Medien ist Maxim vor dem Untersuchungsrichter zu sehen; auch ein Video wurde veröffentlicht. Er ist stark abgemagert und sieht erschöpft aus. Wir müssen davon ausgehen, dass er gefoltert wurde, damit er in diesem Video ein vorfabriziertes «Geständnis» ablegt.

Das Gericht befand Maxim der Gewaltanwendung gegenüber der Zivilbevölkerung, der Anwendung von in einem bewaffneten Konflikt verbotenen Methoden, des versuchten Mordes sowie der vorsätzlichen Beschädigung fremden Eigentums für schuldig. Er soll am 4. Juni 2022 den Eingang eines Wohngebäudes in Sjewjerodonezk in der Region Luhansk mit einem Granatwerfer beschossen haben.

In diesem eindeutig konstruierten Fall gibt es keinerlei Beweise, abgesehen von dem inszenierten und gefilmten «Geständnis» des Gefangenen. Darüber hinaus wurde die Einheit Berlingo, der Maxim angehört, zu keinem Zeitpunkt im Gebiet von Sjewjerodonezk eingesetzt und war an den dortigen Kampfhandlungen nicht beteiligt. Es gibt zahlreiche Beweise dafür, dass Maxim während der ihm angelasteten Straftaten in der Umgebung von Kyiv und nicht im Gebiet von Luhansk war.

Vor diesem Urteilsspruch wurden keinerlei Informationen über die Anschuldigungen gegen den Kriegsgefangenen veröffentlicht, wodurch weder ein Anwalt beauftragt werden konnte noch ein faires Verfahren möglich war. Da die Russische Föderation unabhängigen Beobachter·inne·n den Zugang zu den Gefangenenlagern in den besetzten Gebieten verwehrt, war eine Kontrolle von Maxims Haftbedingungen oder objektive Angaben zu seiner Behandlung durch internationale Organisationen nicht möglich. All dies zeugt von der bewussten Konstruktion des Falles durch Russland mit der Absicht, den ukrainischen Armeeangehörigen den Ruf von Kriegsverbrechern anzuhängen.

Wir fordern die sofortige Freilassung von Maxim Butkewitsch – zusammen mit seinen Eltern und einer breiten internationalen Öffentlichkeit.[3] Trotz seiner unrechtsmässigen, schockierenden Verurteilung verlieren wir nicht die Hoffnung, dass Maxim im Rahmen eines Gefangenenaustausches in absehbarer Zeit frei kommen könnte.

  • Der Brief ist zu finden unter: www.forumcivique.org
  1. Siehe Archipel Nr. 317, September 2022: Freiheit für Maxim Butkewitsch

  2. Mit ihm wurden zwei weitere ukrainische Gefangene – Viktor Pokhozey und Vladyslav Shel – zu 8,5 bzw. 18,5 Jahren verurteilt.

  3. Eine Petition kann heruntergeladen und unterzeichnet werden unter: www.forumcivique.org. Verantwortlich für die Kampagne: Sasha Feinberg, nazarova@noborders.org.ua, +380972386386 signal