SCHWEIZ: Keine Sonderjustiz gegen AusländerInnen!

17.11.2010, Veröffentlicht in Archipel 186

Die Ausschaffungsinitiative1 der SVP2 und der vom Parlament beschlossene Gegenvorschlag laufen auf dasselbe hinaus: Sie wollen die rechtliche Ungleichbehandlung von AusländerInnen in der Verfassung verankern. Unsere Gegenargumente in Kürze.

SVP-Ausschaffungsinitiative: Wahlkampf auf dem Rücken der MigrantInnen

Die SVP ist im permanenten Wahlkampf – und den betreibt sie seit Jahrzehnten mit Millionen von Franken und auf dem Rücken von MigrantInnen und Asylsuchenden. Im Wahlkampf 2007 lancierte sie mit einer massiven Plakat- und Inseratenkampagne ihre Ausschaffungsinitiative. Dass bereits nach dem geltenden Ausländergesetz jährlich Hunderte von straffälligen AusländerInnen ausgeschafft werden, kümmert sie genauso wenig wie die Tatsache, dass ihre Initiative völkerrechtswidrig und damit nicht umsetzbar ist. Ihre fremdenfeindliche Hetze kennt keine Grenzen: Für den Wahlkampf 2011 hat sie deshalb am 1. August gleich eine ganze Palette neuer Initiativen präsentiert.

Der Gegenvorschlag

Die Parlamentsmehrheit trottet der SVP hinterher.
Die «Parteien der Mitte» buhlen mit der SVP um einen Teil am fremdenfeindlichen Wahlkampfkuchen. Statt die völkerrechtswidrige Ausschaffungsinitiative für ungültig zu erklären oder wenigstens klar und deutlich nein zu sagen, haben sie deren Forderungen mit dem Gegenvorschlag aufgenommen, der Form nach geändert und in eine Fassung gebracht, die mit dem Völkerrecht – und das heisst: insbesondere mit dem bilateralen Freizügigkeitsabkommen mit der EU – vereinbar ist. Als «Zückerchen» für die Linke wurde dem Gegenvorschlag ein Integrationsartikel hinzugefügt. Dieser lässt aber das Wichtigste für die Betroffenen – die politische Teilhabe – vollständig vermissen und ist mehr als unverbindlich: er belässt seine Umsetzung auf der freiwilligen Ebene der Kantone3.

Das Ergebnis

Initiative und Gegenvorschlag sind einerlei.
Ob Ausschaffungsinitiative oder Gegenvorschlag – das Ergebnis wäre in beiden Fällen das Gleiche: eine Drei-Klassen-Justiz. Für schweizerische Straftäter würde weiterhin nur das Strafrecht gelten. Für Kriminelle aus der EU gilt das Freizügigkeitsabkommen: Sie können nur ausgeschafft werden, wenn sie auch nach ihrer Haft weiterhin schwere Straftaten begehen. Nur die Menschen aus dem Rest der Welt träfe der neue Verfassungsartikel mit voller Härte.

Dagegen sagen wir

Keine Sonderjustiz gegen AusländerInnen!
Die Diskriminierung von Ausländern darf nicht in der Verfassung festgeschrieben werden. Das Strafrecht muss für alle gleich sein. Egal ob SchweizerIn oder AusländerIn: Straftaten müssen immer gleich beurteilt und geahndet werden! Wir wollen keine Drei-Klassen-Justiz!
Hier geboren – hier geblieben!
Die meisten der allenfalls auszuschaffenden MigrantInnen leben und arbeiten seit Jahren in der Schweiz oder sind gar hier geboren: Sie sind sogenannte Secondos/Secondas. Dass sie keinen roten Pass haben, macht sie weder zu besseren noch zu schlechteren Menschen als SchweizerInnen. Wir meinen: Wer hier geboren und aufgewachsen ist, gehört zu unserer Gesellschaft!
Keine «Sippenhaft» für Familienangehörige!
Durch die Ausschaffung straffälliger Familienmitglieder werden die Familien mitbestraft: Kinder und Ehefrauen, die keine eigenständige Aufenthaltsbewilligung haben, sind direkt betroffen. Sie müssten die Schweiz zusammen mit dem ausgewiesenen Ehemann verlassen. Auch wenn straffällige Jugendliche ausgewiesen werden sollen, könnten die Eltern ihre Erziehungsfunktion nur wahrnehmen, wenn sie die Schweiz zusammen mit dem verurteilten Kind verlassen. CVP4 -Fraktionspräsident Urs Schwaller protestierte noch 2007, als die SVP ihre Ausschaffungsinitiative lancierte, lauthals gegen diese «Sippenhaft». Heute unterstützt seine «Familienpartei» den Gegenvorschlag. Schwaller hat seine Argumente offenbar vergessen. Wir nicht.
Fazit: Wir sagen 2xNEIN!

Mehr Informationen erhalten sie auf unserer Kampagnenwebsite:

http://www.2xnein.ch/ und auf

http://www.facebook.com/2xNein

  1. In der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist die Volksinitiative ein politisches Recht, das von Stimmbürgern jeweils auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene ergriffen werden kann. Um eine Volksinitiative vorzuschlagen, muss je nach Ebene eine bestimmte Anzahl Unterschriften gesammelt werden.
  2. SVP Schweizerische Volkspartei ist eine rechte, moralisch konservative und wirtschaftlich liberale Partei.
  3. Die Eidgenossenschaft setzt sich aus 26 Kantonen zusammen. Jeder Kanton hat eine eigene Verfassung, ein Parlament, eine Regierung und eigene Gerichte. Die Gesetze sind nicht in allen Kantonen gleich.
  4. CVP Christlichdemokratische Volkspartei ist eine der Regierungsparteien der Schweiz und steht politisch in der Mitte.