Die vergangenen Wochen waren geprägt von einer verschärften Auseinandersetzung um Europas größten geplanten Goldtagebau. Die Befürworter geben sich grün und wollen eine Kulturlandschaft opfern. Die Bedingungen für das Goldprojekt waren nie so günstig wie jetzt. Aber auch der Widerstand für die Rettung des Ortes ist reifer geworden.
«Cu minerii rezolvam problema mediului, culturii, sociala» («Mit den Bergleuten lösen wir das Umwelt-, Kultur- und Sozialproblem»): Dieser Gruß im Stil der berüchtigten Mineriaden* empfing Mitte August die zum FanFest der Kampagne «Salvati Rosia Montana!» («Rettet Rosia Montana!») angereisten Teilnehmer. Zu der dreitägigen Veranstaltung kamen die Gegner des von der Rosia Montana Gold Corporation (RMGC) betriebenen Projekts. Die gut 2.000 Jahre alte Ortschaft im Herzen der Westkarpaten/ Muntii Apuseni soll, geht es nach der RMGC, 300 Tonnen Gold geopfert werden. Auch wenn die RMGC dem Vorhaben mit enormer Medienpräsenz und aufwändigen Restaurierungsprojekten ein grünes Gesicht geben möchte – am Ende bliebe ein musealer Ortsrest unterhalb eines 185m hohen Damms, der 300 Millionen Kubikmeter zyanidhaltige Abfälle zurückhalten und in dem der Ortsteil Corna verschwinden soll.
Über die Argumente für das Projekt wird in den rumänischen Medien ausgiebig berichtet. Die Nachteile werden dabei oft ausgeblendet. Kein Wunder: Die RMGC verfügt über einen fantastischen Werbe-Etat und das nötige Fachpersonal. Die wirtschaftlich desaströse Lage der Medien lässt die Pflicht zu unabhängiger Berichterstattung dabei schnell in den Hintergrund geraten. Die RMGC zahlt. So berichtete bei-spielsweise das Lokalblat «Ziarul de Apuseni» aus Abrud/ Großschlatten nach dem FanFest ausschließlich von Besuchern, die nach ihrem Besuch des Ortes von der Notwendigkeit des Projekts überzeugt seien. Recherchen des Klausenburger Journalisten Mihai Gotiu ergaben, dass die Zeitung Namen von TeilnehmerInnen ohne deren Wissen mit erfundenen Aussagen veröffentlicht hatte.
Doch die tendenziöse Berichterstattung macht auch vor dem öffentlichen Fernsehen TVR nicht halt. Die rumänische Partnerorganisation von «Reporter Ohne Grenzen», Active Watch, reklamierte am Dienstag beim rumänischen Medienrat CNA verdeckte Werbung des Senders für die Gold Corporation. Dieser habe in einem – im Zusammenhang mit Basescus Vor-Ort-Besuch ausgestrahlten – Beitrag von gut drei Minuten Länge nur die Projekt-Befürworter dargestellt. Active Watch zählt in seiner Eingabe eine Reihe von falschen Darstellungen im reklamierten Beitrag auf. Überdies sei die Gattin des verantwortlichen Journalisten Teilhaberin einer Werbefirma, zu deren Kunden die RMGC zähle.
Die etwa 60 Mitglieder der Initiative «Alburnus Maior» (so der lateinische Name von Rosia Montana), Trägerin von «Salvati Rosia Montana!», wollen ihre Häuser und Grundstücke nicht der RMGC verkaufen. Sie sind in der Minderheit, pochen aber auf ihr Eigentumsrecht. Das soll nun per Gesetz untergraben werden. Nachdem eine Gesetzesvorlage in aller Stille bereits den rumänischen Senat passiert hat und von den relevanten Kommissionen für gut geheißen wurde, soll sie im September dem Abgeordnetenhaus zur Abstimmung vorgelegt werden.
Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, Inhabern von Schürfrechten auch gleich das Recht auf Enteignung mitzuliefern. Die RMGC könnte dann einen selbst bestimmten Schätzpreis für ein Grundstück oder Haus auf ein Sperrkonto überweisen. Die so bereits enteignete Person würde vor Gericht nur noch über die Höhe der Entschädigung streiten – ohne Zugriff auf das Geld. Damit wäre den meisten der unwilligen Ortsansässigen jedoch auch diese Chance verbaut, da sich nur wenige einen Prozess leisten können.
Die Gefahr ist groß, dass das Gesetz die Abstimmung übersteht, ungeachtet des Widerspruchs zur EU-Grundrechtecharta. Stefania Simion, Rechtsberaterin der Kampagne: «Das Gesetz ist eine brutale Verletzung unserer Verfassung, die das Recht auf Eigentum und die Gleichheit der Menschen vor dem Recht garantiert.» Daher soll versucht werden, die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfes vor Gericht prüfen zu lassen. Auch auf europäischer Ebene soll dringend für Öffentlichkeit gesorgt werden. Ende September fand daher das internationale Camp von «Reclaim The Fields!» erstmals in Rumänien statt. Mag dies auch nicht entscheidend für den Ausgang dieses ungleichen Kampfes sein: Kritische Initiativen in Rumänien brauchen solche praktische Solidarität und werden an ihnen wachsen und mit ihren Erfahrungen wiederum internationale Partner bereichern.
Seit Anfang September haben weit über 35.000 Menschen eine Petition gegen die Gesetzesänderung unterzeichnet und sich – fast unvorstellbar für viele der politischen Kaste – direkt an ihre Parlamentsabgeordneten gewandt, um sie von einer Zustimmung zum Gesetz abzubringen. Von dem staatsbürgerlichen Bewusstsein der Kampagne war auch Mona Nicoara, Regisseurin des beim FanFest gezeigten Films «Scoala noastra/ Unsere Schule», begeistert. Das Publikum in Rosia Montana zeige ein neues Gesicht des Landes: «Dies ist ein Publikum mit Interesse an sozialem Wandel, verantwortlichem Umgang mit Rumäniens Menschen und Reichtümern und daran, die richtigen Entscheidungen für künftige Generationen zu treffen.»
* Bezeichnung für die die mehrmals aufein-
ander folgenden, gewalttätigen Ausschreitungen der Minenarbeiter in Bukarest in den 90er Jahren. Diese zielten auf politische Veränderungen oder einfach auf materielle Vorteile von den regierenden Politikern