NACHRUF AUF JACQUES GAILLOT

von Michael Rössler, 15.05.2023, Veröffentlicht in Archipel 325

Jacques Gaillot (September 1935 – April 2023)

Wir trauern um unseren Freund Jacques Gaillot, Bischof von Partenia, einem seit dem 4. Jahrhundert verschwundenen Bistum in Algerien. Dorthin hatte ihn Papst Johannes Paul II 1995 buchstäblich in die Wüste geschickt. Denn Gaillot war zu unbequem für den Vatikan: Er setzte sich für Militärdienstverweigerer, Apartheidgegner·innen, Palästinenser·innen und die nukleare Abrüstung ein. Er kritisierte scharf die repressiven Einwanderungsgesetze in Frankreich, was ihm die Feindschaft rechter Politiker eintrug. Innerkirchlich befürwortete er die Priesterweihe auch für verheiratete Männer und für Frauen und die kirchliche Trauung von homosexuellen Paaren.

Nach seinem Herauswurf aus dem Bischofsamt in Evreux nahm Gaillot die neue Herausforderung an. Als Bischof des nur virtuell existierenden «Partenia» setzte er sich für die Rechte der Obdachlosen, Gefangenen und Sans Papiers ein. «Partenia» wurde zum Symbol all derer, die in der Gesellschaft und in der Kirche das Gefühl hatten, nicht mehr zu existieren. Eine späte «Wiedergutmachung» erfuhr er durch Papst Franziskus, der ihn 2015 zu einem persönlichen Gespräch einlud und empfing.

Wenn wir Jacques Gaillot anriefen und anfragten, eine unserer Aktionen für Sans Papiers und Geflüchtete durch seine Präsenz zu unterstützen, war er zur Stelle: unkompliziert, bescheiden und warmherzig. Er strahlte auch in sehr schwierigen Situationen eine grosse Ruhe aus, die einen starken Willen und eine unerschütterliche Überzeugung erahnen liess. Er wird uns fehlen.

Michael Rössler