Frontex soll im Atlantik aufgegriffene Geflüchtete nach Senegal zurückbringen. Hierzu soll die EU-Kommission ein Abkommen mit der Regierung in Dakar (Senegal) schliessen. Der Vorschlag findet sich in ihrem aktuellen Jahresbericht (1) zur Umsetzung der Seeaussengrenzen-Verordnung, durch welche die maritime «operative Zusammenarbeit» von Frontex mit Drittstaaten geregelt ist. «Hera» (2) ist die einzige maritime Mission der EU-Grenzagentur auf dem Hoheitsgebiet eines Drittstaates. Ein Statusabkommen mit Dakar soll demnächst die gemeinsame Grenzüberwachung ausweiten. Seit 2006 koordiniert Frontex im Atlantik die Gemeinsame Operation «Hera». Anlass der ersten und mit Abstand ältesten EU-Mission zur Grenzüberwachung waren viele tausend Geflüchtete, die damals über Marokko, Mauretanien, Kap Verden und Senegal mit Booten auf den Kanarischen Inseln ankamen. Kurzzeitig hatte sich neben Einheiten aus Portugal, Frankreich, Italien, Finnland und Luxemburg auch die deutsche Bundespolizei an «Hera» beteiligt. Im Rahmen von «Hera» operieren die europäischen Grenztruppen auch in der Zwölfmeilenzone, der ausschliesslichen Wirtschaftszone und dem Luftraum des Senegal. Es ist damit der einzige seegestützte Einsatz von Frontex auf dem Hoheitsgebiet eines Drittstaates. Werden verdächtige Boote im Einsatzgebiet festgestellt, erfolgt eine Meldung an die zuständige Seenotleitstelle. Alle in der spanischen Seenotrettungszone Aufgegriffenen konnten in den letzten Jahren auf den Kanaren von Bord gehen. Wenn sich die Geflüchteten aber noch in der senegalesischen Seenotrettungszone befunden haben, bringt sie die dortige Küstenwache in das westafrikanische Land zurück. Mit einem Arbeitsabkommen wäre dies auch für Schiffe von Frontex machbar. Laut der kanadischen Internetplattform «SAR Info» (3) ist die senegalesische Seenotleitstelle auch für die Koordination von Rettungen vor Gambia, Guinea-Bissau und Mauretanien zuständig.
Gefährliche Überfahrten
Der vom Frontex-Direktor Fabrice Leggeri Ende Februar veröffentlichte Bericht attestiert der Regierung in Dakar, dass sie die elementaren Grund- und Menschenrechte einhält und das Prinzip der Nicht-Zurückweisung achtet, wonach keine Geflüchteten in Länder zurückgebracht werden dürfen, aus denen sie geflohen sind. Dies ist die wichtigste Voraussetzung für die engere Zusammenarbeit mit Frontex. Ein Jahr nach dem Start von «Hera» waren die Ankünfte von Geflüchteten auf den spanischen Inseln bereits drastisch gesunken. Auch für das vergangene Jahr verzeichnet die «Migrationskarte» von Frontex (4) lediglich 711 irreguläre Einreisen auf den spanischen Inseln im Atlantik. Derzeit nehmen die Überfahrten aber wieder zu. Im Dezember 2019 sank ein Flüchtlingsboot mit 150 Personen vor Mauretanien, mindestens 58 starben dabei. Laut Medienberichten haben spanische Grenzbehörden seit Jahresbeginn fast 1’400 Geflüchtete in 60 Booten gerettet. Trotzdem ertrinken weiterhin Dutzende bei der Überfahrt; allein Anfang April wurden bis zu 43 Tote nach einem Schiffsunglück vermutet.
Matthias Monroy, Wissensarbeiter, Aktivist und Redaktionsmitglied der Zeitschrift Bürgerrechte &Polizei/CILIP