Es ist ein längst überfälliges Urteil. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 16. Januar 2024 entschieden, dass Frauen, die von häuslicher oder anderweitiger Gewalt betroffen sind, das Recht haben, Schutz in der Europäischen Union (EU) zu bekommen. Die Mitgliedstaaten können sie als Flüchtlinge anerkennen beziehungsweise ihnen zumindest subsidiären Schutz vor einer Abschiebung gewähren. Anlass war der Fall einer Kurdin, die in Bulgarien um internationalen Schutz angesucht hatte. Sie gab im Verfahren an, zwangsverheiratet worden zu sein, worauf sie sich scheiden liess. Sowohl der Exmann als auch ihre Familie hätten sie daraufhin bedroht. Sie fürchtete, Opfer eines «Ehrenmordes» zu werden. Frauen kann unter diesen Umständen der Flüchtlingsstatus zuerkannt werden, so der EuGH.
Für die Stellung eines Flüchtlings muss nachgewiesen werden, dass der oder die Ansuchende wegen ihrer Ethnie, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt wird. Frauen werden nach dieser Konvention nun als «soziale Gruppe» angesehen. Für Aimee Stuflesser von Amnesty International in Österreich ist diese Entscheidung «wegweisend». Dass die rechtsextreme FPÖ das Urteil kritisiert, weil es angeblich die «illegale Masseneinwanderung anheizt», darf nicht verwundern. Ihr tief verankerter Frauenhass und ihre widerwärtige Hetze gegen schutzsuchende Menschen gehen Hand in Hand. Wir von der Plattform für eine menschliche Asylpolitik begrüssen die Entscheidung und hoffen, dass sie zu einem höheren Bewusstsein gegen Gewalt an Frauen in der Öffentlichkeit beiträgt.
Plattform für eine menschliche Asylpolitik, Wien
Die «Plattform für eine menschliche Asylpolitik» ist ein breiter politischer Zusammenschluss von NGOs, Flüchtlingsinitiativen, politischen Organisationen sowie engagierten Persönlichkeiten. Die Plattform wurde im Sommer der Solidarität 2015 gegründet. Sie bekämpft Rassismus gegen Geflüchtete, gegen die Schwarze Community und People of Color, antimuslimischen Rassismus, Antisemitismus und alle Formen von Diskriminierung. Sie organisierte die Demonstrationen «Demokratie verteidigen – keine Koalition mit dem Rechtsextremismus» im Jänner und im Februar (mit 80.000 Beteiligten!) in Wien. Ihre Ziele und Grundhaltungen haben sie in einem «Selbstverständnis» festgehalten. www.menschliche-asylpolitik.at/wer-wir-sind/