Der Kampf gegen den Flughafen in Notre-Dame-des-Landes geht weiter. Um ihre fresssüchtigen Träume von Großstadt und wirtschaftlicher Expansion zu verwirklichen, brüten Entscheidungsträger und Betonköpfe seit vierzig Jahren über einem neuen Flughafen in Notre-Dame-des-Landes neben Nantes in Westfrankreich. Die ZAD, (zone d’aménagement différé, Bauzone mit zeitlicher Verzögerung) besteht aus 2000 Hektar für Landwirtschaft und Wohnraum, die sie unter Beton begraben wollen. Im Widerstand gegen das Projekt kreuzen sich verschiedene Problematiken, die uns vereinen und zu denen wir gemeinsame Strategien entwickeln wollen.
Durch diesen Widerstand bekämpfen wir die Ernährung am Tropf, die industrielle Gesellschaft mit ihrer Erderwärmung, die politischen Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und der flächendeckenden Kontrolle, die größenwahnsinnigen Städte und die Normierung der Lebensweisen, die Privatisierung des Gemeinguts, den Mythos des Wachstums und die Illusion demokratischen Mitwirkens...
Die Entscheidungsträger werben massiv für ihr Projekt und wollen uns weismachen, dass es in dem fortgeschrittenen Stadium nicht mehr möglich wäre umzukehren. Denn nach vierzig Jahren Widerstand haben nun die Vorbereitungsarbeiten für den Bau begonnen: Bohrungen zur Bodenanalyse, Umweltgutachten, archäologische Grabungen auf der Trasse der Straßenverbindung... alles was vor dem Zubetonieren der ZAD geschehen muss.
Dem Kontext zum Trotz erinnern wir uns an vergangene Siege gegen größenwahnsinnige Projekte, von Atom bis Armee, wie im Carnet, in Plogoff oder im Larzac1). Uns ist klar, dass dieser Flughafen noch aufgehalten werden kann. Ein Blick auf die andere Seite der Alpen: Der Widerstand dort gegen den Bau einer Schnellzuglinie zwischen Lyon und Turin im Val de Souza, hat ein ganzes Tal mobilisiert und von Zehn-tausenden wurden die Bauarbeiten verhindert. Dazu sind wir hier auch bereit, denn jeder Versuch das Land unter Beton zu begraben, soll einen hohen Preis haben.
Von der ersten Besetzungsdemo zur Wiederbesetzung
Am 7. Mai 2011 haben wir zu Tausenden demonstriert um mit der Heugabel in der Hand gemeinsam das ungenutzte Ackerland zu bewirtschaften. Es ging darum, die Niederlassung eines Gemüseanbauprojekts zu unterstützen, das heute die Widerstandsbewegung gegen den Flughafen mit Nahrung versorgt. Wir engagieren uns seit dieser Zeit um den Hof und die anderen besetzten Räume der ZAD zu verteidigen und nennen sie seitdem „Zone A Défendre“ („zu verteidigende Zone“).
Die Demonstration war Teil einer größeren Besetzungsbewegung, die sich seit mehr als zwei Jahren für das Leben und die Aktivitäten auf dem Gelände einsetzt, das die Raumplaner unter Beton verschwinden lassen wollen.
Anstatt dass das Gelände durch die ständigen Aufkäufe und Abrisse immer leerer wird, wurden zahlreiche leerstehende Häuser renoviert und sind jetzt bewohnt, Hütten auf der Erde und in den Bäumen wurden gebaut, Gärten wurden angelegt. Versammlungsräume, Backstube, Bibliothek und Unterkünfte sind offen für alle. Mehr als hundert Personen leben zur Zeit auf der ZAD, unterstützt von zahlreichen AnwohnerInnen und SympathisantInnen aus weiter entfernten Gegenden, die hier zusammenkommen und sich organisieren. Durch die Präsenz vor Ort war es unter anderem ebenfalls möglich, schnell auf die ersten Unternehmungen für den Bau des Flughafens zu reagieren: Widerstand gegen die Bohrungen, Störungen der Untersuchungen zu den Auswirkungen auf Biotope, Besetzung von Verwaltungsbüros und Baustellen,Gratis-Mautstellen auf der Autobahn, Verteilung von Zeitungen, etc.
Um das Anwachsen der Bewegung zu verhindern und die Bauarbeiten zu beginnen, müssten sie erst einmal gründlich aufräumen: die Besetzer-Innen räumen, die MieterInnen und LandwirtInnen ausquartieren und das Land aufkaufen, etc. Im Sommer des Jahres 2011 brachte die zu 85% aus Vinci2 bestehende Gesellschaft Aéroport Grand Ouest die Räumungsverfahren gegen ein Dutzend Häuser und Widerstandsräume, die sich auf der ZAD eingerichtet haben, in Gang.
Die BesetzerInnen der ZAD und Reclaim The Fields, ein Netzwerk radikaler BäuerInnen, haben im September zu einer großen Demonstration als Fortsetzung des 7. Mai aufgerufen. Im Falle einer Räumung wollen wir erneut zu Tausenden das Schlagwort „Vinci verschwinde!“ durch eine Neubesetzung verkörpern. Die Demonstration wird am 4. Samstag nach den Räumungen stattfinden.
Seit dem Aufruf haben die Urteile in den Räumungsprozessen in Nantes und in Saint Nazaire unterschiedliche Fristen (von 2 Monaten bis zu einem Jahr) für die betroffenen Häuser und Plätze festgesetzt. Einige können seit dem 9. bzw. dem 11. Januar geräumt werden.
Wir wissen nicht sicher, welche zeitliche Taktik Vinci, Jean-Marc Ayrault,der Bürgermeister von Nantes ( Sozialistische Partei), die Prefekturen und Konsorten verfolgen werden, um die Zone zu räumen und die „Gegner mit dem Hochdruckreiniger wegzuspülen“ wie sich der Präsident der Region, Jacques Auxiette (Sozialistische Partei), mit Feingefühl ausdrückte. Aber wir sind bereit.
Wir werden nicht weiter auf eine Räumung warten!
Der Aufruf zur Neubesetzung bedeutet keinesfalls, dass der Kampf gegen den Flughafen sich aktuell in einer defensiven Wartephase befindet. Die Besetzungen sind Teil einer Bewegung, die vielseitige Formen annimmt: Im Herbst fanden weitere Aktionen statt: Kundgebungen, freie Mautstellen auf der Autobahn, „Besuche“ in Büros und auf Baustellen von Vinci, Informationen und Solidaritätsaktionen in anderen Städten...) und in den nächsten Monaten stehen schon weitere Termine fest, darun-ter eine große Demonstration am 24. März mit dem Ziel, das Rathaus einzukreisen.
Die Repressionsmaschine läuft auf vollen Touren gegen die Widerstandsbewegung und systematisch finden bei den Aktionen und öffentlichen Demonstrationen Festnahmen und Anzeigen statt. Kürzlich haben Dutzende Polizeibeamte Widerständige in den umliegenden Dörfern und auf der ZAD aufgesucht, zahlreiche Prozesse werden in den nächsten Monaten stattfinden. In diesem Zusammenhang ist es notwendig eine breite Solidarität zu zeigen und nicht zuzulassen, dass sie Einzelne isolieren.
Eine Demonstration zur Neubesetzung – Was bedeutet das?
Die Demonstration ist offen für verschiedene Aktionsformen und Engagements. Es soll ein gemeinsamer Aktionstag sein, um erneut einen Raum zu schaffen um den Kampf auf der ZAD weiter zu organisieren. Der genaue Treffpunkt wird nach einer Vollversammlung vor Ort beschlossen und dann veröffentlicht: Helft uns dabei, die Infos weiterzugeben und Infoveranstaltungen, Gruppenreisen, Material zu organisieren...
Am 4. Samstag nach den Räumungen um 11 Uhr: Bringt Werkzeug, Arbeitskleidung, Musikinstrumente, belegte Brote und eure Entschlossenheit mit!
Termine in den nächsten Monaten
- bis 10. März: Räume besetzen, gemeinsam Land bestellen, die Stadt umwandeln.
Diese Tage geben die Möglichkeit der Begegnungen von verschiedenen Kämpfen, der verschiedenen besetzten Projekte und Freiräume und die Vernetzung zwischen selbstverwalteten Räumen zu verstärken, Menschen und Gruppen zusammenzubringen: Debatten, Workshops und möglicherweise auch offensiveres zu den Themen: unlebbarer Städtebau, Kämpfe auf dem Land und Privateigentum, Räumungen, Repression, Konfrontation mit dem Staat, Mobilität in kontrollierten und segmentierten Räumen, Migration und Nomadentum.
Weitere Workshops, materielle Unterstützung und geniale Ideen sind sehr willkommen! Unterkünfte werden in verschiedenen Häusern auf der ZAD und ab dem 4. März in den Planchettes organisiert.
- bis 10. März: Räume besetzen, gemeinsam Land bestellen, die Stadt umwandeln.
- bis 11. März: Treffen zur „Zusammenführung der Kämpfe gegen die Verschandelung der Landschaft“, eine Einladung an alle Gruppen, die in Frankreich gegen Projekte kämpfen, welche die Landschaft zerstören (Ausweitung der Städte, Autobahnen, Flughäfen, Industrie- und Einkaufsgebiete...)
- Samstag 24. März: Demo in Nantes für den sofortigen Stopp des Flughafenprojekts!
- bis 7. April: Kulturwoche (Konzerte, Workshops, Malerei, Poesie, Marionnetten)
- bis 15. April: praktische Workshops: Klettern in Bäumen, Bauen, etc.
Achtet auf Informationen. Schaut regelmäßig auf http://zad.nadir.org und verstärkt im Falle einer Räumung. Termin und Treffpunkt werden dann genau angegeben.
Ein großer Teil der Aktionen konnte dank des finanziellen Überschusses des KlimaAktionsCamps 2009 stattfinden, aber der geht jetzt zu Ende. Deswegen rufen wir zu weiteren Spenden auf, um unsere Aktionen fortzuführen, die MitstreiterInnen gegen die ein Verfahren läuft, zu unterstützen, Informationen zu verteilen und neue Offensiven gegen den Flughafen und seine Welt zu starten!
- bis 15. April: praktische Workshops: Klettern in Bäumen, Bauen, etc.
Kontakt: zad(at)riseup.net; Für die Neubesetzungsdemo: reclaimthezad(at)riseup.net
- Erfolgreicher gewaltfreier Widerstand der Bevölkerung gegen die Errichtung eines Atomkraftwerks (in Plogoff) und eines Militärtruppenübungsplatzes (auf dem Plateau von Larzac) in den Jahren 1971-1981.
- riesiges Betonbauunternehmen