Anlässlich der Tagung das 12. Panhellenischen Saatgutfestivals des griechischen Vereins Peliti im Nordosten Griechenlands, trafen sich während drei Tagen zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland. Peliti ist in der Region des Schwarzen Meeres die Bezeichnung der pontischen Griechen für Eiche. In Griechenland treffen sich die Dorfbewohner oft im Schatten von Eichen und zu einem Treffpunkt sollte sich im Sinne von Panagiotis Saitounidis auch der Verein Peliti für all jene entwickeln, die Saatgut oder Dienstleistungen tauschen oder gratis zur Verfügung stellen wollen.
Peliti will auf die Tradition der gegenseitigen Hilfe in den ländlichen Gebieten anknüpfen und auf die Frage wieso Peliti kein Saatgut verkauft, antwortet Panagiotis Sainatoudis, der Gründer von Peliti: „Saatgut ist eine Gabe der Schöpfung, man hat es mir gegeben und ich gebe es auch kostenlos weiter“.
Der Verein
In der Zeit von 1995 bis 2000 bereiste Panagiotis Sainatoudis das ganze Land, oft zu Fuß oder per Autostopp, um in den Dörfern lokale Sorten von Nutzpflanzen zu sammeln. Zu dieser Zeit gab es in Griechenland noch viele Kleinbauern, die lokale Sorten anbauten und davon Saatgut gewannen. Innerhalb von 10 Jahren wuchs seine Sammlung auf mehr als 1200 Sorten an und ihm stellte sich die Frage, wie diese Sorten erhalten werden konnten, da zu diesem Zeitpunkt immer mehr Sorten verloren gingen. Durch Aufrufe und Zeitungsartikel fand sich ein kleiner Kreis von Bäuer_innen und Gärtner_innen, die bereit waren, Sorten zu erhalten und Saatgut zu verteilen. Von Anfang an stellte sich die Frage, wie das Wissen über die Vermehrung von Saatgut weitergegeben werden könnte, daher veröffentlichte er 1997 ein kleines Handbuch zur Samengärtnerei. Auch organisierte er Ausbildungskurse über den Anbau, die Gewinnung und Lagerung von Saatgut. Jedes Jahr im September erscheint der Katalog, in dem die Erhalter und ihre Sorten nach Regionen aufgelistet sind.
Zurzeit wird eine neue Ausgabe des Handbuches zur Samengärtnerei verfasst, da es eine große Nachfrage gibt an einfachen und grundlegenden Ratschlägen, z.B. wie Saatgut erhalten und angebaut wird oder wie man ohne chemische Produkte Gemüse anbauen kann. Der zweite Teil des Buches enthält Informationen über das Netzwerk, das unter dem Namen „Von Hand zu Hand und von Herz zu Herz“ Güter und Dienstleistungen im Tausch anbietet. Aufgelistet nach Regionen und Städten können hier die unterschiedlichsten Angebote und Anfragen der Mitglieder gefunden werden: So wird z.B. Olivenöl gegen Yogakurse oder Sprachunterricht mit Feldarbeit getauscht. Manche Mitglieder sind auch nur Anbieter, doch in keinem Fall ist Geld im Spiel. Dieses Netzwerk wurde von Panagiotis und seiner Frau Sophia 2002 ins Leben gerufen, also in einer Zeit, als in Griechenland noch viel Geld vorhanden war.
Seit der Gründung im Jahr 2000 wuchs der Verein Peliti und umfasst heute 11 regionale Gruppen in ganz Griechenland, in denen sich die 220 Sortenerhalter und 15 Tierzüchter auf unterschiedlichste Art und Weise engagieren: So zum Beispiel hat der Primarschullehrer Nikos Bazis aus Komontini im Jahr 2002 mit der Aussaat von Lokalsorten in den Schulen begonnen. Jeweils im Januar erhalten die Lehrer bei einem gemeinsamen Treffen Saatgut und besprechen den Ablauf der Aktion. Auf Pflanzenfestivals werden die Setzlinge dann von den Schülern gratis verteilt und Filme gezeigt, wie man Saatgut herstellt. Jeder Schüler nimmt jeweils auch einige Pflanzen nach Hause und so werden auch die Eltern sensibilisiert. Diese Initiative stieß auf sehr großes Echo und heute werden in über 19 Schulen mehrere Tausend Pflanzen gezüchtet und verteilt. Die Lokalgruppe von Peliti in Komontini hat auch brachliegende Landstücke in und um die Stadt gefunden, die von den Besitzern für einige Jahre frei zur Verfügung gestellt wurden. Hier eröffnete sie kollektive Gärten, in denen der Verein 50m2 große Parzellen, Saatgut und Ausbildungskurse anbietet, bei denen man lernt, Sauerteig, Brot, Käse oder Seife zu machen. In ihren Augen ist es sehr wichtig, dass die Leute lernen, einen Teil ihrer Nahrung selbst herzustellen, da sie nicht glauben, dass das Elend und der Hunger durch die industrielle Entwicklung aufgehoben werden wird.
Die nächsten Schritte des Vereins sind die Klassifizierung der Pflanzensammlung, die in der Zwischenzeit auf 2000 Sorten angewachsen ist. Seit letztem Jahr baut Peliti an einem Haus, in dem Büros eingerichtet und die Samenbank untergebracht werden soll. Bisher hat Peliti jedes Jahr zwischen Oktober und Dezember ungefähr 900 Päckchen mit Saatgut versendet. Seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise gibt es vermehrt Anfragen und seit diesem Frühjahr kommen täglich 100 Anfragen für Saatgut. Dies ist eine große Herausforderung für den Verein Peliti, der nur über sehr beschränkte finanzielle Mittel verfügt.
Das Saatgutfestival
Seit einigen Jahren hat Peliti ein Gelände im Dorf Mesochori, Gemeinde Paranesti, im Nordosten von Griechenland am Fluss Nestos, der dort aus dem Rhodopen-Gebirge kommt. Ende April oder Anfang Mai findet jeweils an einem Samstag ein großer Tausch-Tag statt: Dutzende Saatgut-Erhalter, die zu Peliti gehören, senden ihr Saatgut ein oder kommen mit ihrem Saatgut einige Tage vorher. Das Gelände wird vorbereitet, Tische für die Stände aufgebaut, Feuerstellen für riesige Suppentöpfe angelegt. Bei dem diesjährigen internationalen Saatgutfestival strömten dann am Samstagvormittag Tausende Besu-cher_innen auf das Gelände, um sich an Ausstellungsständen zu informieren und sich zu unterhalten und nach Saatgut, Stecklingen und Setzlingen zu suchen. Dank dem Einsatz von zahlreichen freiwilligen Mitarbeitern von Peliti und 1500 Kilo Nahrungsmitteln, die von 50 Bauern gespendet wurden, konnten mehrere Tausend Teilnehmer ein köstliches Mittagsmahl einnehmen. Da das Treffen unter internationaler Beteiligung stattfand, boten auch der Verein Kokopelli aus Belgien und Longo mai-Gruppen aus Frankreich und Deutschland Saatgut an. Während des Programms auf dem Podium erhielten diese und weitere Gruppen, etwa Via Campesina Austria, Gelegenheit, sich vorzustellen. Auch ein kräftiger Regenschauer konnte der guten Laune der Aktiven nichts anhaben, schließlich wurde zur Musik einer lokalen Gruppe mit Dudelsack und Rhythmusinstrumenten kräftig getanzt.
Der Konferenzteil
Sonntagvormittag begann, nach einer Baumpflanzaktion, der Konferenzteil: Zunächst stellten regionale Peliti-Gruppen und andere griechische Gruppen wie Sporos und Nea Guinea ihre Arbeit vor, dann ausländische Gruppen, etwa aus der Türkei und aus Bulgarien. Nachmittags stellten sich dann die Saatgutkampagne als solche und weitere europäische Organisationen wie Réseau Semences Paysannes aus Frankreich und Rete Semi Rurali aus Italien vor. Gezeigt wurde auch der Film „Widerständige Saat“ (mit griechischen Untertiteln) über die internationalen Aktionstage gegen die geplanten EU-Richtlinien im Saatgutbereich in Brüssel 2011. Der Montag war dann der Zukunft gewidmet: vormittags sollten die Gruppen und Organisationen ihre Pläne vorstellen. Ein breites Panorama boten die anvisierten Aktivitäten der ca. 50 Anwesenden aus Griechenland und anderen europäischen Ländern. Am Nachmittag stand dann zunächst die Besichtigung der Saatgut-Sammlung von Peliti an. Danach traf sich eine Arbeitsgruppe zu den Ideen der Kampagne für Saatgut-Souveränität bezüglich dezentraler und zentraler Aktionstage im Herbst, mit Beteiligten aus Griechenland, Frankreich, Portugal, Österreich und Deutschland. Ideen für einen Aktionstag zur Saatgut-Industrie am 16. Oktober wurden vorgestellt und diskutiert.
Während der Internationalen Saatguttagung durften wir ein Gespräch mit mehreren Personen für den freien Radiosender Zinzine (Südfrankreich) aufzeichnen. Hier Auszüge daraus:
RZ: Wir waren sehr beeindruckt von eurer Praxis Saatgut gratis zu verteilen, nie wurde von Geld gesprochen. Ist diese Art von Tausch und gegenseitiger Hilfe neu oder entspricht sie einer Tradition?
Nikos Dompazis (Peliti, Komitini): Das gab es schon vor langer Zeit. Mein Vater kam noch ohne Geld aus. Wenn man zu seiner Zeit Zucker kaufen wollte, dann tauschte man ihn im Laden gegen Weizen ein, den man mitbrachte. Die Idee von Panagiotis Produkte geldlos zu tauschen ist wirklich toll. Es ist eine sehr schöne Sicht der Dinge, die mich darin bestärkt, meine aktuelle Tätigkeit weiterzuentwickeln.
Chara Saiti (Peliti Lefkada): Es entspricht einer Tradition hier. Oder besser gesagt, es war Tradition in Griechenland und ist durch die Amerikanisierung unseres Landes etwas in Vergangenheit geraten. Heute versuchen wir sie auf’s Neue zu beleben.
Panagiotis Sainatoudis: Ich erinnere mich, dass in unserem Dorf viel getauscht wurde. An Ostern zum Beispiel wurden Eier gegen Kuchen getauscht. Wenn wir einem Bauern an einem Tag bei der Feldarbeit halfen, so kam er am nächsten Tag und half uns. Das entspricht einer Tradition, die ich aus meiner Kindheit kenne und die ich während meinem Aufenthalt im Dorf Dasoto selber praktizierte: ich lebte dort ohne Geld und gab den Leuten meine Zeit indem ich für sie arbeitete. Im Gegenzug gaben sie mir zu essen.
Aris Pavlos (Peliti, Ägina): Zu Beginn kamen die Leute zu unseren Festen weil sie dachten, dass es einfacher ist etwas mit Geld zu erstehen und dass es viel komplizierter ist zu tauschen, ohne Geld. Die geldlose Gabe treibt uns dazu den Sinn und Zweck unseres Handelns zu überdenken. Es ist viel schwieriger für die Leute zu verstehen wieso etwas gratis ist und wieso sie mitmachen sollen. Wenn jemand etwas geschenkt kriegt, dann fühlt er sich dafür verantwortlich und will aus diesem Geschenk etwas machen.
Wie hast du all diese Sorten entdeckt, die dann zur Schaffung von Peliti geführt haben?
Panagiotis Saintoudis: Mehr oder weniger zufällig als mir ein Freund ein Paket mit Saatgut gab das aus aller Welt stammte. Das war 1991. Damals berührte mich stark, dass in diesem Paket unter anderem Maissamen von Indianern waren, die ausgestorben sind, deren Saatgut aber immer noch existierte. Als ich 1992 die Einladung zur Hochzeit von meinem Bruder im Dorf unserer Familie verteilte, fand ich auf einem Hof eine Lokalsorte von kleinem schwarzen Mais. So kam es, dass ich an allen Orten wo ich die Einladung verteilte auch nach Saatgut fragte. Ich habe das ganze Dorf besucht und konnte verschiedene Sorten sammeln. So ergab sich für mich ein völlig neues Bild meines Dorfes.
Während der Internationalen Saatguttagung durften wir ein Gespräch mit mehreren Personen für den freien Radiosender Zinzine (Südfrankreich) aufzeichnen. Hier Auszüge daraus:
RZ: Wir waren sehr beeindruckt von eurer Praxis Saatgut gratis zu verteilen, nie wurde von Geld gesprochen. Ist diese Art von Tausch und gegenseitiger Hilfe neu oder entspricht sie einer Tradition?
Nikos Dompazis (Peliti, Komitini): Das gab es schon vor langer Zeit. Mein Vater kam noch ohne Geld aus. Wenn man zu seiner Zeit Zucker kaufen wollte, dann tauschte man ihn im Laden gegen Weizen ein, den man mitbrachte. Die Idee von Panagiotis Produkte geldlos zu tauschen ist wirklich toll. Es ist eine sehr schöne Sicht der Dinge, die mich darin bestärkt, meine aktuelle Tätigkeit weiterzuentwickeln.
Chara Saiti (Peliti Lefkada): Es entspricht einer Tradition hier. Oder besser gesagt, es war Tradition in Griechenland und ist durch die Amerikanisierung unseres Landes etwas in Vergangenheit geraten. Heute versuchen wir sie auf’s Neue zu beleben.
Panagiotis Sainatoudis: Ich erinnere mich, dass in unserem Dorf viel getauscht wurde. An Ostern zum Beispiel wurden Eier gegen Kuchen getauscht. Wenn wir einem Bauern an einem Tag bei der Feldarbeit halfen, so kam er am nächsten Tag und half uns. Das entspricht einer Tradition, die ich aus meiner Kindheit kenne und die ich während meinem Aufenthalt im Dorf Dasoto selber praktizierte: ich lebte dort ohne Geld und gab den Leuten meine Zeit indem ich für sie arbeitete. Im Gegenzug gaben sie mir zu essen.
Aris Pavlos (Peliti, Ägina): Zu Beginn kamen die Leute zu unseren Festen weil sie dachten, dass es einfacher ist etwas mit Geld zu erstehen und dass es viel komplizierter ist zu tauschen, ohne Geld. Die geldlose Gabe treibt uns dazu den Sinn und Zweck unseres Handelns zu überdenken. Es ist viel schwieriger für die Leute zu verstehen wieso etwas gratis ist und wieso sie mitmachen sollen. Wenn jemand etwas geschenkt kriegt, dann fühlt er sich dafür verantwortlich und will aus diesem Geschenk etwas machen.
Wie hast du all diese Sorten entdeckt, die dann zur Schaffung von Peliti geführt haben?
Panagiotis Saintoudis: Mehr oder weniger zufällig als mir ein Freund ein Paket mit Saatgut gab das aus aller Welt stammte. Das war 1991. Damals berührte mich stark, dass in diesem Paket unter anderem Maissamen von Indianern waren, die ausgestorben sind, deren Saatgut aber immer noch existierte. Als ich 1992 die Einladung zur Hochzeit von meinem Bruder im Dorf unserer Familie verteilte, fand ich auf einem Hof eine Lokalsorte von kleinem schwarzen Mais. So kam es, dass ich an allen Orten wo ich die Einladung verteilte auch nach Saatgut fragte. Ich habe das ganze Dorf besucht und konnte verschiedene Sorten sammeln. So ergab sich für mich ein völlig neues Bild meines Dorfes.