«Wir bekommen Lohnzettel, wo alles richtig draufsteht. Der Lohn wird jeden Monat am gleichen Tag auf unser Konto überwiesen. Und wenn wir Überstunden leisten, dann werden die ausbezahlt.» Was nach einem «ganz normalen» Arbeitsverhältnis klingt, ist in der Landwirtschaft immer noch hart erkämpftes Terrain. Ganz besonders, wenn man aufgrund von Herkunft und Aufenthaltsstatus einen erschwerten Zugang zum Arbeitsmarkt hat. Andrei und Bogdan Oancea, zwei junge Männer aus Rumänien, haben jahrelang als Erntehelfer in Westösterreich gearbeitet – und sind dabei nach Strich und Faden ausgebeutet worden. Mit gewerkschaftlicher Unterstützung zogen sie gegen den Bauern vor Gericht.
Die simple Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards kann man in der landwirtschaftlichen Lohnarbeit, der Erntehilfe und Saisonarbeit suchen wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen: Bezahlung weit unter Kollektivvertrag, unbezahlte Überstunden, inadäquate Unterkünfte stehen auf der Tagesordnung.
Die «Sezonieri-Kampagne zur Unterstützung von Erntehelfer_in-nen in Österreich» informiert, unterstützt und begleitet Ernte-helfer_innen im Kampf um soziale und Arbeitsrechte; sei es durch rechtliche Schulung, durch Medienarbeit oder durch Begleitung in Gerichtsprozessen. In einer Publikation (erhältlich in deutscher, rumänischer und englischer Sprache) haben wir nun Praxen der Organisierung und der Unterstützung im internationalen Vergleich versammelt. Wir haben dazu migrantische Landarbeiter_innen, Gewerkschafter_in-nen und Aktivist_innen in Irland, Italien, Österreich, Spanien, Rumänien, Deutschland und der Schweiz gefragt, wie sie in Europa für Papiere, soziale Rechte und gute Arbeitsbedingungen kämpfen.
Hier ein Auszug aus dem Gespräch mit Sorin Oprisiu, einem ehemaligen Erntehelfer in Tirol und Mitorganisator eines Arbeitskampfs mit 60 Kolleg_innen:
Frage: «Kannst du die Arbeitsbedingungen im Betrieb beschreiben? »
Antwort: «Katastrophal. Wenn ich zurückdenke, wird mir schlecht. Im Nachhinein schäme ich mich, dass ich es dort so lange ausgehalten habe. Ich habe zwischen 350 und 420 Stunden im Monat gearbeitet, dabei nie die Zuschläge für Überstunden bezahlt bekommen, kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Für alles mussten wir aufkommen: für das Werkzeug, für die Gummiringerl, für ein kleines Zimmer, für unser Essen, für die Waschmaschine … für alles. »
Willkommen bei der Erdbeerernte! Ihr Mindestlohn beträgt ... – Gewerkschaftliche Organisierung in der migrantischen Landarbeit, 96 Seiten deutsch oder 176 Seiten rumänisch/englisch. Herausgegeben vom Europäischen BürgerInnen Forum und der Sezonieri-Kampagne für die Rechte von Ernthelfer_innen in Österreich. Eine Bestellkarte liegt diesem Archipel bei.