Was für eine Rolle spielt die UN-Migrationsagentur IOM als verlängerter Arm der EU-Migrationspolitik, aber auch die Schweiz, die sich seit Jahren intensiv im sogenannten Migrationsmanagement in Bosnien betätigt. Das EBF unterstützt eine Recherche zu diesem Thema, die bald im Archipel erscheinen wird. Derzeit kursieren sie wieder in allen Medien: die Bilder verzweifelter Migrant·inn·en in Bosnien und Herzegowina. Hunderte sind im Kanton Una-Sana gestrandet, in Einrichtungen der UN-Migrationsagentur IOM oder in inoffiziellen Lagern wie Lipa. Jedes Jahr bei Wintereinbruch empört sich die Öffentlichkeit einen kurzen Moment über die untragbaren Zustände, über die Berichte der Gewalt und die Fotos von verschneiten Zeltstädten und kümmerlichen Essensrationen. Doch schon bald geraten die Region an der Grenze zu Kroatien und die Menschen, die dort feststecken, wieder in Vergessenheit. Und über den Elefanten im Raum spricht niemand: die Externalisierung der Europäischen Aussengrenzen und deren institutionelle und personelle Treiber·inne·n.
Wer Geld hat bestimmt die Strategie
In den letzten Jahrzehnten wurden die Grenzen entlang der Balkanroute massiv aufgerüstet – auf der einen Seite durch den kontinuierlichen Ausbau der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex und ihrer Missionen, aber auch durch direkte Unterstützung nationaler Grenzschutzprogramme im Namen der Migrationsabwehr. Der lange Arm der EU-Migrationspolitik reicht heute weit über das Gebiet der Europäischen Union hinaus. Das betrifft Bosnien ganz besonders, wo die EU für die Aufrüstung, Militarisierung und letztendlich Schliessung der Grenzen verantwortlich ist, aber gleichzeitig mit Millionenbeträgen humanitäre Programme der IOM unterstützt. Unter dem Schlagwort „Migrationsmanagement“ lassen sich Grenzsicherungsaktivitäten genauso wie Nothilfeprogramme vereinen – dass die einen nur wegen den anderen nötig sind, wird erfolgreich ausgeblendet.(...) In Bosnien und Herzegowina zeigt sich, mit welcher Vehemenz und mit wieviel Geld die EU-Grenzen externalisiert werden – auf Kosten von Migrant·inn·en, die brutaler Gewalt ausgesetzt sind, sowie der lokalen Bevölkerung, die zwar immer wieder solidarisch, aber auch zunehmend angespannt reagiert. Auch wenn die Bilder aus den Flüchtlingscamps kurzweilig in der Öffentlichkeit kursieren, bleiben die Grenzinfrastruktur, die Gewalt durch die Grenzschützer·innen und die unmenschlichen Zustände bestehen.
Externalisierung und Grenzinfrastruktur verständlich machen
Wie sieht diese Grenzinfrastruktur aus, wer bezahlt sie und inwiefern beteiligt sich auch die Schweiz in Bosnien an „Migrationsmanagement“. Um diesen Fragen nachzugehen, lohnt sich ein Blick vor Ort und in unterschiedliche Richtungen: auf die Rolle der zuweilen als Parastaat bezeichneten IOM, die Meinung von Lokalpolitiker·inne·n, die Geschichten der Gestrandeten, die Entwicklung der Grenzinfrastruktur und was genau unter dem Deckmantel von Migrationsmanagement gemacht wird. (…). Mehr im nächsten Archipel.