Am Freitag, den 23. August 2002, besetzte eine Gruppe von 17 Personen friedlich eine Außenstelle des französischen Justizministeriums in Straßburg, um die Justiz zu kritisieren, die an Ahmed in Folge des NoBorder-Camps voreilig und parteiisch ein Exempel statuiert hatte. Die Aktion endete damit, dass die 17 DemonstrantInnen unter Gewaltanwendung festgenommen wurden. Sie wurden dem Strafgericht im Schnellverfahren vorgeführt, nachdem sie einen verlängerten Polizeigewahrsam und eine Inhaftierung im Gefängnis über sich ergehen lassen mussten. Wie bei jedem Prozess von NoBorder-DemonstrantInnen oder ihrem Unterstützungskomitee war der Zugang zum Gerichtssaal teilweise blockiert und so aus der Anhörung eine geschlossene Veranstaltung gemacht.
Ahmed Meguini ist in Haft seit seiner Festnahme bei einer Demonstration des internationalen NoBorder-Camps, das für Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit und gegen Grenzen kämpft und vom 18. bis 28. Juli in Straßburg stattfand. Er wurde für Taten, die er weiterhin bestreitet, zu acht Monaten Gefängnis verurteilt, davon drei ohne Bewährung. Seit seiner Verhaftung hält ihn die Gefängnisverwaltung in Isolationshaft und verweigert ihm jeglichen Besuch, unter dem Vorwand, als Aktivist des NoBorder-Netzwerks bestünde die Gefahr, dass er seine gefängnisfeindlichen Ideen unter seinen Mitgefangenen verbreitet. Die Gruppe forderte das Ende der Isolationshaft und das Besuchsrecht, auf das alle Gefangenen Anspruch haben.
Es wurde bereits betont, in welchem Punkt die Anklage, welche die 17 DemonstrantInnen trifft, Fantasie ist: Sie werden beschuldigt wegen „Freiheitsberaubung von Personen mit Befreiung innerhalb von sieben Tagen und Hausfriedensbruch", obwohl die betroffenen Angestellten des Justizministeriums vollkommen frei waren, wegzugehen. Bei der Anhörung bestätigten die Angestellten selbst die Version der Angeklagten: Sie erklärten, dass sie auf Anweisung von oben (per Telefonanruf aus Paris) in den Räumen geblieben waren. Die vor Ort anwesenden Personen, einschließlich der JournalistInnen, wie in der Lokalpresse (Dernières Nouvelles d’Alsace) nachzulesen, waren ZeugInnen davon. Der einzige Angestellte, der sich als Nebenkläger präsentierte, erklärte übrigens, dass er das auch nicht in seinem eigenen Namen macht, sondern auf Anweisung und im Namen seiner Vorgesetzten, und auch nicht wegen „Freiheitsberaubung", sondern wegen „Nutzung von Telefon, Fax, Kopierer und versuchter Nutzung des Computers". Was die Anklage wegen „Hausfriedensbruch" (in Frankreich „Wohnungsverletzung") betrifft, haben die Anwälte der Verteidigung gezeigt, genau wie bei der Freiheitsberaubung, dass der Tatbestand nicht erfüllt ist, es sei denn, die Angestellten des Justizministeriums hätten in ihrer Verwaltung gewohnt...
Diese Anklagen, die zu den bisher bei zahlreichen Polizeieinsätzen klassischen „Beleidigungen" und „Widerstandsleistungen" hinzukommen, hätten einen juristischen Präzedenzfall geschaffen, um eine Vervielfachung der Verhaftungen von DemonstrantInnen zu rechtfertigen und dem Staat die Möglichkeit zu geben, sie hart zu verurteilen. Der Staatsanwalt hat das klar gezeigt im Lauf der Anhörung, indem er bekräftigte, daß man dieser Art von Protestaktionen einen Riegel vorschieben müsse. „Das muss aufhören", wiederholte Staatsanwalt Vannier während seines Plädoyers unaufhörlich.
Ausdrücklich im Namen der politischen Notwendigkeit, jeden Protest zu unterdrücken, forderte daher die Staatsanwaltschaft für die 17 DemonstrantInnen Gefängnisstrafen (einen Monat ohne und drei mit Bewährung). Das Gericht hat letztendlich erklärt, es sei nicht in der Lage, die Taten zu bewerten. Nach so einer offensichtlichen Abfuhr (deutlicher kann man nicht sagen, wie sehr der Staatsanwalt den Sinn für Verhältnismäßigkeiten verloren hatte) hat die Staatsanwaltschaft schließlich der Freilassung der 17 Geiseln zugestimmt, die sie seit Freitag abend festgehalten hatte. Es sei nochmals hervorgehoben, dass sie für diese imaginären Verbrechen trotzdem zwei Nächte auf einer Polizeiwache und eine Nacht im Gefängnis verbracht hatten.
Drei DemonstrantInnen, die sich außerhalb des besetzten Gebäudes befanden, waren ebenfalls unter gewaltsamen Umständen festgenommen und für 24 Stunden in Polizeigewahrsam gehalten worden. Sie werden am 20. März 2003 vor Gericht erscheinen müssen
NoBorder im Exodus fordert weiterhin die sofortige Freilassung von Ahmed Meguini, die Einstellung aller Verfahren gegen die anderen TeilnehmerInnen des Camps und neue Protestaktionen bei Vertretungen des französischen Staates, seiner Justiz und seiner Gefängnisse.
Unterstützungskomitee für Ahmed und die anderen
Angeklagten