Das Monsanto-Tribunal, das vom 14. - 16. Oktober 2016 in Den Haag stattgefunden hat, war ein ausserordentliches Ereignis und wird sicherlich in den nächsten Monaten noch einige Wellen schlagen.
Das Tribunal geht auf eine internationale zivilgesellschaftliche Initiative zurück, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Konzern für Menschenrechtsverletzungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Ökozid1 zur Verantwortung zu ziehen.
Fünf angesehene Richter_innen aus verschiedenen Ländern haben die Aussagen von Opfern des Konzerns aus der ganzen Welt aufmerksam angehört und dann gemeinsam beraten. Anschliessend werden sie ein Gutachten ausarbeiten, um die Fragen zu klären, in wieweit sich der Konzern schuldig gemacht hat, ob das geltende Recht ausreicht, um solche transnationalen Unternehmen zu verurteilen, und wie das Recht um etwaige neue Straftatbestände zu erweitern wäre. Weltweit wurden die Aussagen der Zeug_innen, die Plädoyers der Anwält_innen und die ersten Reaktionen der Richter_in-nen gespannt verfolgt. 750 Teilnehmer_in-nen aus 30 Ländern waren nach Den Haag gekommen, das Europäische BürgerInnen Forum (EBF) hatte eine Gruppenreise aus der Schweiz organisiert, Tausende verfolgten das Geschehen über Livestream und soziale Medien. Das Echo von Presse, Radio und Fernsehen war gross.
Juristisches Neuland
Die Vorsitzende des Tribunals, Richterin Françoise Tulkins aus Belgien, betonte in einem Interview mit der französischen Zeitung «Le Monde» die Wichtigkeit des Tribunals: «Die Fragen über den Zugang zu Wasser und zu gesundem Essen sind alt. Es sind keine neuen Themen, die sich ein paar wütende Aktivisten ausdenken. Und diese Fragen, wie auch das Recht auf eine gesunde Umwelt werden sehr wahrscheinlich mit der Klimaveränderung immer wichtiger. Es ist unsere Pflicht, juristische Werkzeuge für diese Themen zu finden. Das Monsanto-Tribunal ist ein erster Schritt und ein Werkzeug innerhalb dieser Dynamik.»
Eine parallel stattfindende Veranstaltung, die People´s Assembly, bot die Gelegenheit zum Gedankenaustausch zwischen Bäuerinnen, Bauern, verschiedenen sozialen Netzwerken und den Teil-nehmer_innen und Zuschauer_in-nen des Tribunals. Die Frage der Sicherstellung der Welternährung bildete das Hauptthema der Diskussionen. Viele Redner_innen betonten dort, dass Monsanto und andere grosse Agrarkonzerne eben gerade nicht die Welt ernähren. In Wirklichkeit sind es die kleinen und mittleren Bauernbetriebe, die dies tun. Die Produktion der Konzerne nährt Profite und nicht Menschen.
In der Abschlussrede des Tribunals stellte die vorsitzende Richterin Tulkins fest: «Wir versuchen bis zum 10. Dezember, dem internationalen Tag der Menschenrechte, das Rechtsgutachten vorzulegen. Es wird sich an Monsanto und die Vereinten Nationen richten. Ausgehend von diesem Rechtsgutachten können weitere Gerichtsbarkeiten und weitere Richter_innen mit einbezogen werden und dazukommen. Wir, die Richter_in-nnen [des Monsanto Tribunals], haben gesehen, gehört, zur Kenntnis genommen und beraten. Es ist gut möglich, dass die internationale Gesetzgebung neue Themen, wie solche, die im Zusammenhang mit dem Ökozid stehen, berücksichtigen wird.»
Die vollständige Schlussrede der Präsidentin des Tribunals sowie diejenige der Autorin und Dokumentarfilmerin Marie-Monique Robin, Mit-Initiatorin des Tribunals, wurden auf Video aufgenommen. Die Filmaufnahmen sowie Presseartikel können auf der
Webseite des Monsanto-Tribunals2 sowie auf seinem Facebook-Account (auch ohne eigene Facebook-Mitgliedschaft!) und auf der Webseite des EBF 3 angesehen werden. In den kommenden Wochen wird die Dokumentation über die Sitzungen des Tribunals und über das People’s Assembly vervollständigt und veröffentlicht.
- Ökozid ist der vorsätzliche Mord an Ökosystemen. (siehe auch Archipel Nr. 250, Juli/August 2016).
- www.monsanto-tribunal.org
- www.civic-forum.org/de/artikel/
monsanto-tribunal-medienschau