Eine gute Nachricht erreichte uns aus Spanien: Die neue sozialistische Regierung hat angekündigt, den Transfer der Wasser des Ebro zu annullieren. Das Projekt bestand darin, jährlich 1.050 Hekto-Kubikmeter Wasser aus diesem Fluss bis in den Süden des Landes umzuleiten und war Teil des Plan Hidrologico Nacional (PHN), der im September 2000 von der Regierung Aznar lanciert worden war. *
Es handelte sich hier zweifellos um das größte Staudammprojekt aller Zeiten in Westeuropa. Der Plan sah den Bau von 118 Staudämmen vor, insbesondere in den entvölkerten Regionen Aragons. Dies rief in Spanien eine riesige Protestwelle hervor: An Demonstrationen in Saragossa, Hauptstadt von Aragon, Barcelona und Madrid nahmen zwischen 250.000 und 400.000 Personen teil, die gegen die ökologischen und sozialen Folgen des Projekts hinwiesen. Die Gegner des Vorhabens waren überzeugt, dass das Hauptziel der Regierung die Intensivierung der unkontrollierten Spekulation im städtischen und touristischen Bereich sowie der industriellen Produktion von Obst und Gemüse an der Mittelmeerküste war. Die Schäden für die Umwelt wären enorm: überschwemmte Dörfer und Täler, Zerstörung von wild fließenden Bächen und vor allem des Ebro-Deltas, das eine große Vielfalt an Lebewesen beherbergt.
Die Bauarbeiten waren unter der Regierung des Partido Popular in großer Eile begonnen worden, um die Europäische Union vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Der «Blaue Marsch für eine neue Wasserkultur», der im August 2001 vom Ebro-Delta ausgegangen war, erreichte am 11. September Brüssel. 10.000 Spanier demonstrierten mit der Forderung «Keinen Euro für den PHN!».
Einer der aktivsten Gegner des Projekts ist Pedro Arrojo, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Saragossa und Präsident der Stiftung für eine neue Wasserkultur. Er sagt: «Nach ihrem erstaunlichen Wahlsieg überraschte uns die Sozialistische Partei, indem sie einige ihrer wichtigsten Wahlversprechen einhielt. Das auf internationaler Ebene am meisten kommentierte war der Abzug der spanischen Truppen aus dem Irak. Doch auch das zweite große Engagement der Sozialisten, den Transfer des Ebro zu stoppen, ist Wirklichkeit geworden.
Es war sicher nicht leicht, angesichts des demagogischen Geredes über den ‚Durst‘ des trockenen Spanien. Vergessen wir nicht, dass in Almeria der durchschnittliche Wasserverbrauch pro Einwohner pro Jahr drei Tonnen beträgt (Bewässerung, Golfplätze, Schwimmbecken inbegriffen). Die Lobby für den PHN ist stark, vor allem in den Regionen von Valencia und in Andalusien, nicht nur innerhalb des Partido Popular und der Geschäftswelt, sondern auch in der Sozialistischen Partei. Wir befürchteten, dass die Regierung Zapatero dem politischen Druck nachgeben würde, doch sie hielt stand und kündigte einfach den Abbruch der Bauarbeiten an.
Die Schlüsselfigur, die hinter dieser Entscheidung steht, ist die neue Umweltministerin Cristina Narbona. Es ist das erste Mal, dass dieses Ministerium jemandem untersteht, der wirklich Kenntnisse und Erfahrungen in Umweltfragen hat. Es ist auch bezeichnend, dass Domingo Gimenez Beltran, der ehemalige Direktor der Europäischen Umweltagentur, zum persönlichen Berater von Zapatero ernannt wurde.
Leider war in diesem Plan nicht nur der Transfer des Ebro vorgesehen. Es gibt einige Staudammprojekte, die noch nicht aufgegeben wurden. Dieser Kampf wird viel schwerer. Die Debatte innerhalb Sozialistischen Partei hat begonnen, aber die Oppositionsbewegungen in den dünn besiedelten Berggebieten haben keinen großen Einfluss auf die Positionen der Sozialisten. Das Umweltministerium hat eine Reihe von Debatten über die verschiedenen Konfliktherde vorgeschlagen. Es besteht aber weiterhin Gefahr für die Bewohner von Artieda (Ausbau des Staudamms von Yesa), von Jaca in den Pyrenäen, von Castrovido, in Burgos oder bei der Mündung des Jucar. Dort bedroht der Transfer Jucar-Vinalopo das Leben dieser Flüsse und das des Albufera in Valencia.
Jedenfalls ist wieder Hoffnung bei vielen Spaniern aufgekommen, der Kampf geht weiter!»
*Siehe Archipel Nr. 86,87, Spt. u. Okt. 2001