In der Nummer 117 des Archipel vom Juni 2004 veröffentlichten wir einen Artikel von Urzula Lugowska über die Antiglobalisierungsbewegung in Polen, den wir aus der Zeitschrift Ost-West-Gegeninformationen (Nr. 3/2003, Dezember 2003, Dossier: Anti-Globalisierungs-Bewegung) übernommen hatten. Im September erhielten wir einen Brief von ATTAC Polen, der die Ausführungen von Frau Lugowska betreffend ihre Organisation anficht und juristische Schritte gegen sie androht.
Wie uns die KollegInnen der Ost-West-Gegeninformationen mitteilten, haben sie sich damals - als sie das Dossier zur Anti-Globalisierungs-Bewegung planten - sehr wohl um journalistische Sorgfalt bemüht, indem sie zuerst versuchten einen Beitrag von ATTAC Polen selbst zu bekommen. Erst als ATTAC Polen nicht reagierte, wandten Sie sich an Urszula Lugowska.
Ohne ein Urteil über die Inhalte der Debatte abgeben zu wollen, bedauern wir jedenfalls diese Form der Polemik in der Auseinandersetzung innerhalb der polnischen Antiglobalisierungsbewegung, denn sie kann der Sache sicher nur schaden. Der Aufforderung die folgende Stellungnahme abzudrucken kommen wir nach, damit sich unsere LeserInnen selbst eine Meinung bilden können.
Die Redaktion
Wir, die Mitglieder der Vereinigung ATTAC in Polen, sind empört über den vom Europäischen BürgerInnenforum veröffentlichten Text von Urszula Lugowska «Die Antiglobalisierungsbewegung – Charakteristik und Perspektiven». Was uns am meisten aufgebracht hat, ist, dass Frau Lugowska diesen Text als «Vorsitzende» von ATTAC unterzeichnet. Wir stellen klar, dass Urszula Lugowska nicht einmal Mitglied und schon gar nicht Vorsitzende unserer Vereinigung ist. Sie hat auch keinen Zugang zu unseren Dokumenten, und wir wissen nicht, worauf sie ihre Behauptung stützt, ATTAC Polen stünde «am Rande des kompletten Zusammenbruchs».
ATTAC Polen zählt nicht 20 Mitglieder, wie Frau Lugowska behauptet, sondern zehn Mal mehr. Wir verfügen diesbezüglich über Beweise in Form von Beitrittserklärungen. ATTAC ist keineswegs im Begriff sich aufzulösen, sondern hat sich – ganz im Gegenteil – in den letzten drei Jahren stark entwickelt, wie die Bildung mehrerer neuer örtlicher Komitees zeigt. So entstand beispielsweise vor ein paar Monaten ein solches Komitee in Wroclaw (Breslau); die Gründung von zwei weiteren in Gdánsk und Gdyna steht für Oktober 2004 bevor. Zur Zeit gibt es außer dem «Nationalen Büro», der zentralen, gesamtpolnischen ATTAC-Struktur, vier Regionalkomitees in Schlesien, Masowien, Wroclaw/Breslau (Niederschlesien), Kielce (Heiligkreuz) und vier kleinere ATTAC-Kreisgruppen in Rzeszow (Karpatenvorland), Lodz/Lodsch, Pommern und Olsztyn/Allenstein (Ermland-Masuren) sowie weiter AktivistInnen in anderen Städten. Die Komitees führen einer- seits ihre eigenen Aktionen durch, arbeiten aber gleichzeitig – in den ATTAC-Kernbereichen wie die Tobinsteuer, Genmanipulationen oder Arbeitnehmerrechte – eng mit dem «Nationalen Büro» zusammen. Derzeit bereiten wir in Kooperation mit ATTAC Frankreich eine Kampagne gegen die «Steueroasen» vor. In Polen selbst arbeiten wir mit zahlreichen Gruppierungen zusammen; darunter Gewerkschaften, Arbeitslosenverbände, Umweltgruppen, linke Verlage, mit der Bewegung für die Entschuldung der «Dritten Welt» und «FairTrade». Wir organisieren Konferenzen, Seminare, Protestkundgebungen u.v.a.m. und nehmen auch an Gewerkschafts- und Antikriegs-Demonstrationen teil.
ATTAC Polen betreibt eine eigene Internetseite auf der man sowohl die Strukturen unserer Vereinigung, als auch die Namen der Vorstandsmitglieder und der Verantwortlichen der örtlichen Komitees überprüfen kann. Ebenso findet sich auf der Website eine Beschreibung unserer Aktivitäten. Darüber hinaus ist ATTAC Eigentümer des «Sandkornverlags» und gestaltet eine eigene Seite in der sozial-politischen Monatszeitschrift «Nowy Robotnik» («Neuer Arbeiter»). Wir haben auch das Buch von José Bové und François Dufour «Die Welt ist keine Ware» verlegt.
Mit VertreterInnen von ATTAC Frankreich und ATTAC Deutschland finden regelmäßige Treffen statt. Im Laufe dieses Jahres haben sich unsere AktivistInnen an mehreren gemeinsamen Aktionen mit ATTAC Deutschland beteiligt, darunter ein gemeinsamer Stand auf dem «Woodstock»-Festival in Kostrzyn (Küstrin), an dem wir 17.000 Flugblätter verteilten. Ebenso nahmen polnische ATTAC Mitglieder an der ATTAC-Konferenz in Dresden teil. Um diese Kooperation in Zukunft besser zu koordinieren, bauen wir gerade ein gemischtes, polnisch-deutsches Komitee auf. Polen hat auch einen Vertreter in ATTAC Europa und unsere Präsidentin Ewa Ziólkowska war dieses Jahr an zwei Konferenzen von ATTAC Europa in Gandave und in Arles (Frankreich) anwesend.
Auf welcher Grundlage Urszula Lugowska behauptet, ATTAC Polen sei von nationalistischen, rechtsextremen Kreisen unterwandert, und wie sie in diesem Zusammenhang auf den Namen von Maciej Muskat kommt, entzieht sich unserer Kenntnis. Hiermit erklären wir, dass Maciej Muskat nicht Mitglied von ATTAC Polen ist. Die von Frau Lugowska geäußerten falschen Anschuldigungen sowie der Umstand, dass sie sich als Vorsitzende von ATTAC ausgibt, erfüllen den Tatbestand der Verleumdung und könnten Anlass für eine gerichtliche Verfolgung geben. Es ist nicht auszuschließen, dass der Vorstand von ATTAC Polen dahingehend entscheidet und die entsprechenden juristischen Schritte gegen Urszula Lugowska einleitet. Ergänzend möchten wir bemerken, dass die «selbständige Vereinigung ATTAC Masowien» eine von Frau Lugowska frei erfundene, fiktive Struktur ist, die nie behördlich eingetragen wurde und deshalb keine Rechtsfähigkeit besitzt. Ganz im Gegensatz zu ATTAC Polen, das vor drei Jahren eingetragen wurde, oder das örtliche Komitee ATTAC Masowien (eine Zweigstelle von ATTAC Polen), dessen Vorsitzende Malgorzata Swiatek ist und die beide Rechtsfähigkeit besitzen.
Der Vorstand von ATTAC Polen fordert das Europäische BürgerInnenforum auf, den Text von Urszula Lugowska umgehend aus seinen Publikationen zu entfernen und diese Stellungnahme zu veröffentlichen.
Im Namen des Vorstands von ATTAC Polen *
Kielce, am 10. Sept. 2004
* Ewa Ziólkowska-Vorsitzende,
Dariusz Ciepiela-stellvertretender Vorsitzender, Rafal Kryœ-Sekretär,
Piotr Kawiorski-Schatzmeister,
Marek Szolc-Pressesprecher,
Wojciech Stefanszyn-Vorstandsmitglied
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