Vor vier Jahrzehnten war in den westeuropäischen Ländern wirtschaftliche Hochkonjunktur. Man rekrutierte Arbeitskräfte aus «wirtschaftsschwachen» Ländern wie Jugoslawien und der Türkei. Und man nannte sie «Gastarbeiter» – mit dem Selbstverständnis, sie nach dem «Rotationsprinzip» stets durch neue zu ersetzen, solange Bedarf bestand.
So begann die Geschichte einer besonderen Form der Migration im Nachkriegseuropa, die heute, nach 40 Jahren, nicht nur die Wirtschaft beschäftigt. Politik, Medien, ganze Forschungsrichtungen und KünstlerInnen haben in dieser Migration ein Thema gefunden, das nachgerade täglich an Aktualität gewinnt.
Es ist daher an der Zeit, diese Geschichte öffentlich zu machen, sie auch als Teil der österreichischen Geschichte zu betrachten und an ihrer Repräsentation zu arbeiten.
Ein Ausgangspunkt dieses Projekts, zu dem der ursprüngliche Anstoß von Cemalettin Efe und Andrea Jantschko kam, war die Überlegung: Die Geschichte der Arbeitsmigration kann nur über verschiedene Geschichten, über Fragmente geschrieben werden, die sich nicht neutral in eine Allgemein-Erzählung einschreiben lassen, sondern Standpunkte vertreten. Daher wurden von Beginn an Personen und Institutionen angesprochen, die sich seit Jahren praxisorientiert, theoretisch oder künstlerisch mit dem Thema Migration auseinandersetzen, um vorhandenes Wissen zusammenzuführen.
Für die Initiative Minderheiten, die seit mehr als zehn Jahren für eine minderheitengerechte Gesellschaft eintritt, in der individuelle Lebensentwürfe unabhängig von Merkmalen wie ethnischer, sozialer oder religiöser Zugehörigkeit, sexueller Orientierung und Behinderung als gleichberechtigt und gleichwertig anerkannt sind, ist dieses Projekt die Fortsetzung eines Diskurses – eines Diskurses, der auf einer breiten Basis seinen Anfang im Jahr 2000 im Rahmen von gettoattack und in der Folge im Rahmen der Wiener Wahlpartie genommen hat, als es in Österreich zu einem Regierungswechsel mit der offen rassistischen Partei FPÖ in der Koalition gekommen ist. Es ist ein Diskurs über die Rechte von MigrantInnen, über ihre Repräsentation und über antirassistische Strategien. Daher soll diese Ausstellung einen weiteren kritischen Diskussionsbeitrag im öffentlichen Raum liefern und durch die Sichtbarmachung dieser Geschichte eine neue Form der Aushandlung von Geschichtsbildern, Ethnizität, Identitätskonstruktionen und von politischen Handlungsfeldern bieten.
Cornelia Kogoj
Initiative Minderheiten Wien
Gastarbajteri: 40 Jahre Arbeitsmigration, Ausstellung im Wien Museum Karlsplatz, Karlsplatz 1040 Wien
Gastarbajteri: Medien und Migration, Ausstellung in der Hauptbücherei am Gürtel, Urban-Loritz-Platz 2a, 1070 Wien