Während der letzten zwei Wochen 1 ging die Repression in Calais in Nordfrankreich gegen die «Dschungel», wie die Zonen und besetzten Erdflecken heißen, wo sich die Migranten aufhalten, weiter. Die Paschtunen, Hazara 2 , Palästinenser, Eritreer, Iraner, Sudanesen, Äthiopier und alle anderen aus ganz verschiedenen Ländern wurden zur Zielscheibe von Übergriffen der mobilen Polizei-Einsatzkommandos der C.R.S (Compagnie républicaine de sécurité ).
Die C.R.S veranstalten
regelmäßig Razzien in den «Dschungeln», verhaften Migranten, nehmen ihre Fingerabdrücke und fotografieren sie oft unnützerweise mehrere Male. Der Gross-teil der Verhafteten wird nach ein paar Stunden wieder auf freien Fuss gesetzt, einige von ihnen werden aber wieder auf dem Rückweg verhaftet und nochmals auf das Kommissariat verbracht.
Die Migranten leben unter schrecklichen Bedingungen, ohne Wasser und Elektrizität. Im Dschungel der Paschtunen gibt es einen Wasserhahn für 850 Personen, keine Toiletten und keine Duschen. Diese Lebensbedingungen rufen große Gesundheitsprobleme hervor.
Momentan haben viele
Migranten die Krätze. Vor ein paar Wochen ertrank eine Person in einem Kanal, als sie sich waschen wollte. Die Behörden von Calais ignorieren weiterhin die Hilfsgesuche und lehnen die
Installierung von auch nur minimalen sanitären Anlagen ab.
Tränengas, Flashballs, Hunde
Wir, Militante vom Netzwerk No Borders , haben unsere Patrouillen rund um die Dschungel und besetzten Gelände aufrechterhalten, vor allem am frühen Morgen und am späten Abend – mit dem Ziel, die Angriffe der CRS zu verhindern, die mit Hunden auftauchen und Tränengas und Flashballs (Plastikgeschosse) einsetzen. In dieser Woche gab es Verhaftungen in allen Dschungels, und Tränengas wurde systematisch gegen die Hazara und die Sudanesen eingesetzt. Nachdem die Migranten dem Gas ausgesetzt waren, wurden sie niemals ins Krankenhaus gebracht, sondern immer auf das Kommissariat.
Am Mittwoch, den 5. August um 7.30 Uhr, hat die Polizei mehrere Hütten im Lager der Palästinenser zerstört. Einige der Bewohner lehnten es ab, ihre Hütten zu verlassen, wurden aber mit Gewalt herausgezerrt und teilweise mit Tränengas besprüht. Eine Person versuchte der Verhaftung zu entkommen und sprang in das Hafenbecken. Die Feuerwehr wurde verständigt, die Person mit einem Polizeiboot aus dem Wasser gerettet und direkt in das Lager von Coquelles gebracht anstatt ins Spital. Die CRS drohten, ihre Flashballs anzuwenden, hörten aber damit auf, als sie uns sahen. Neun Menschen wurden an diesem Tag verhaftet und alle am selben Tag wieder frei gelassen. Die Polizei baute im Lager der Paschtunen mehr und mehr eine Drohkulisse auf. Am selben Mittwoch kamen am Morgen drei Polizeibusse und zwei Autos, danach fünf Busse, von denen aus die Polizei die Leute fotografierte. Am Nachmittag gab es dann sechs Verhaftungen. Die CRS fotografieren systematisch alle Migranten und setzen Tränengas ein, wenn sie Widerstand leisten. Die Polizei griff kürzlich einen Migranten an, der im Park gegenüber vom Bürgermeisteramt saß. Am Donnerstag gegen 10 Uhr machten die Iraner ein Feuer neben ihrem Lager. Die Polizisten kamen mit Hunden und schlugen eine Person in den Rücken und in die Beine.
In der gleichen Woche haben wir angefangen, eine Baumhütte im Dschungel der Paschtunen zu bauen, damit sie besser Ausschau halten können. Wir haben auch versucht, mit nichtstaatlichen Organisationen in Calais zu arbeiten und wir haben sie aufgefordert, uns unter anderem bei der Überwachung der Polizei zu helfen. All diese Ereignisse sind Alltag in Calais. Wir brauchen mehr Leute, um die Gewalttätigkeiten zu verhindern und um sie bezeugen zu können.
Die Solidarität verstärken
Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens haben vor, bis Jahresende aus Calais eine free migrant zone (migrantenfreie Zone) zu machen. Das ist der Moment, um zu kommen und sich mit den Migranten solidarisch zu zeigen. Es ist enorm wichtig, dass die Präsenz von No borders in Calais erhalten bleibt: Die Polizei setzt viel weniger regelmäßig Tränengas ein, wenn wir da sind. Wir sind auch darauf vorbereitet, Erste Hilfe zu leisten. Zahlreiche Migranten erinnern sich noch an das No border -Lager und schätzen unsere Präsenz und unsere Anstrengungen, um sie zu schützen. Mit mehr Leuten können wir breiter und gleichzeitig zielgerichteter gegen den Missbrauch der Polizei und der Behörden vorgehen. Wenn Ihr nicht kommen könnt, aber uns trotzdem helfen wollt, könnt Ihr dies folgendermaßen tun: mit Geld, Medikamenten und Übersetzungen.
Calais ist kein Einzelfall, deshalb muss der Kampf gegen das Grenzregime und gegen diejenigen, die davon profitieren, weitergehen. Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für alle!
No borders
- Dieser Artikel wurde publiziert unter: http://luttennord.wordpress.com
, am 11. August 2009
- Paschtunen und Hazara: zwei Volksgruppen aus Afghanistan
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