Seit September 2002 ist der Verkauf von Brennnesseljauche in Frankreich verboten. Und seit dem ersten Juli 2006 verbietet ein Gesetz, staatlich nicht genehmigte Pflanzenextrakte, die das Wachstum fördern oder dem Pflanzenschutz dienlich sind (wie zum Beispiel die seit Jahrhunderten benutzte Brennnesseljauche) zu verkaufen, zu besitzen und zu benützen. Sogar Werbung und Empfehlungen für diese Produkte sind nunmehr verboten.
Am 31. August 2006 erhält Eric Petiot – Mitverfasser des Buches «Purin d’ortie et Compagnie»-
Besuch eines Agenten der DNECCRF (staatliche Kontrollbehörde für Steuerhinterziehung und andere Vergehen) und der SRPV (regionale Behörde für Pflanzenschutz). Sie beschlagnahmen Lehrbücher und Dokumente und untersagen ihm gleichzeitig, weiterhin Informationen über die Eigenschaften der Präparate und die inkriminierten Herstellungsverfahren zu verbreiten. Diese Maßnahmen kriminalisieren all jene, die biologische oder biodynamische Kulturen anlegen, wie auch Amateur-GärtnerInnen, die mit der Erde sorgfältig umgehen und Leute, die mit bewährten traditionellen Rezepten arbeiten, die nicht mit den Normen des Agrobusiness übereinstimmen.
Diese Form der Repression beweist einmal mehr, dass die großen Industriekonglomerate das Wissen und die Praktiken, die ihnen entgleiten, kontrollieren wollen. Traditionelle oder moderne Kenntnisse, die keinen Profit abwerfen, die kollektiv und kostenlos angewendet werden, mit der Absicht Mensch und Umwelt zu schützen, sind nicht erwünscht. Die Gleichung ist ziemlich logisch: Industriekomplexe und Behörden haben kein Interesse daran, dass wir untereinander Rezepte austauschen, die es ermöglichen, von ihnen unabhängig zu werden. Überall auf dem Planeten plündern die Multis gemeinsames Gut, beschlagnahmen das Lebendige: sie patentieren Gene und Moleküle, kontrollieren die Wasserversorgung, verbieten Saatgutsorten und gewisse Pflanzenarten, kriminalisieren die Unentgeltlichkeit und die Autonomie, verbreiten Unmengen von giftigen Abfällen, setzen das ganze Ökosystem in Gefahr, beuten ganze Länder aus und beschleunigen die Verarmung vieler Menschen. Diese Multis organisieren und finanzieren eine Vielzahl von Institutionen, die diese eigentlich kontrollieren und ihre Transaktionen überwachen sollten. Diese Institutionen verabschieden Gesetze, Normen und Direktiven, die unseren Zugang zum Boden, zur Nahrung, zum Wissen etc. reglementieren. In diesem Zusammenhang sind wir – die verschiedenen BenützerInnen von Brennnesseljauche – der Meinung, dass diese Multis und die ihnen ergebenen staatlichen Organismen keine Legimitation haben, über die Verwendung einer Pflanze zu entscheiden, uns den Austausch von Rezepten zu verbieten oder gar sich in unsere Form des Teilens einzumischen. Deshalb rufen wir zum lokalen, täglichen und permanenten Widerstand auf. Noch ist Leben eine kostenlose Aktivität. Es ist an der Zeit sich daran zu erinnern, bevor auch für die Luft noch bezahlt werden muss. Wir schlagen vom 13. bis 20. Dezember 2006 eine Aktionswoche an der Brennnesselfront vor. Unserer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt: Aktionen zivilen Ungehorsams, Sensibilisierung, Information, Verbreitung von Rezepten, spielerische Überraschungen. Achtung, Brennnesseln sind gefährlich. Es hängt davon ab, wie man mit ihnen umgeht!
Für Informationen, Berichte über Aktionen und Kommunikation mit den Medien: ortie@nolog.org
F.B.B
Rezept für Brennnesseljauche
Herstellung: im Frühjahr (und während der ganzen Saison), sobald die Brennnessel wächst und bevor sie blüht, ein Kilogramm frischer Blätter einsammeln und während acht Tagen in Regenwasser einlegen. Der Gärungsprozess ist dann abgelaufen. Mit einem Stofftuch filtern, in Flaschen abfüllen und im Kühlen lagern. Nach Bedarf benützen. Diese Jauche ist sehr konzentriert und darf nur verdünnt benutzt werden. Verwendung: auf fünf Prozent verdünnt können alle Pflanzen während des Wachstums im Abstand von zehn bis fünfzehn Tagen gespritzt werden. Diese Behandlung stärkt die Pflanzen und schützt sie vor Blattläusen und Krankheiten. Auf zwanzig Prozent verdünnt werden die Pflanzen alle zehn bis fünfzehn Tage gegossen: ein ausgezeichneter Dünger und Bodenverbesserer. Ob als Spritzmittel oder in der Bewässerung, die Brennnessel ist im Garten unersetzlich. Sie verleiht dem Gemüse Geschmack und den Blumen Farbenpracht, wenn sie regelmäßig und richtig dosiert benützt wird. Ein wirksames und billiges Mittel, das man selber herstellen kann. Hinweis: Achtung, nach drei Wochen Gärung stinkt die Brennnesseljauche erbärmlich…Nicht auf Spannteppiche, Anzüge und Tischtücher bei Geschäftsbanketts verspritzen, es besteht die Gefahr, dass anwesende Personen dadurch behelligt werden. Schlussfolgerung: zu unserem großen Glück bringt die Brennnesseljauche Händler von Dünger und Pestiziden zur Verzweiflung!