Der folgende Text ist der dritte Teil der Artikelreihe von Jean-Marie Chauvier, Journalist und Spezialist für Russland und die ehemalige Sowjetunion. Wir werden die folgenden Teile in den nächsten Nummern des Archipel veröffentlichen.
Am 3. Juli strömen eine halbe Million Einwohner von Petrograd zusammen mit 10- bis 20.000 Kronstadter Matrosen in das Stadtzentrum und belagern den Palast der Tauriden, wo der Petrograder Sowjet tagt. Die Demonstranten fordern – gegen die Führer des Sowjets - «alle Macht den Räten», mit anderen Worten das Ende der Koalition mit «kapitalistischen Ministern».
Nach Schätzungen des Zeugen Nikolai Suchanow hätte der Sowjet sehr gut in Einheit mit allen sozialistischen Formationen seine Diktatur durchsetzen können, ohne Blut zu vergießen. Wie auch immer – der Sowjet lässt die Demonstration mit Hilfe der reaktionärsten Kosakenregimenter niederschlagen. Diese sind verwundert, dass sie «dem Sowjet zu Hilfe eilen». Manchmal wird diese Episode mit der deutschen Revolution vom November 1918 verglichen: Der Spartakistenaufstand wurde auf Befehl der Sozialdemokraten von den Freikorps niedergeworfen, die überdies Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordeten. «Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!»
Aber es gibt noch eine andere Interpretation. Sie sieht im Juliaufstand einen «verhinderten Staatsstreich der Bolschewiken». Lenin erscheint hier als ungeschickter Abenteurer, als ein von Deutschland angeheuerter Putschist. So lautet zumindest die klassische antikommunistische Darstellung.
Richard Pipes vergleicht zwei misslungene Staatsstreiche: den von Lenin im Juli 1917 und den von Hitler 1923. Er nuanciert aber seinen Vergleich, indem er sagt, dass die Bolschewiken sich von den Anarchisten haben mitreißen lassen und dass der «letzte Streich» aufgrund von Unentschlossenheit nicht stattgefunden habe. Marc Ferro sieht im Juli 1917 keinen Putschversuch. Die Bolschewiken seien von der «linken Basis» überfordert gewesen, aber ihre Anführer hätten «zwei Anliegen gehabt»: Immer besorgt, «bei den Massen zu bleiben», wollten sie, dass gleichzeitig innerhalb der Sowjets «eine Regierung ohne die Bourgeoisie» gebildet würde. Marcel Liebmann erinnert an die von Lenin im April formulierte Option von einer «friedlichen Machtergreifung durch die Sowjets», die eine bolschewistische Mehrheit voraussetzte, dazu die Ablehnung von Gewalt und jeglichen «blanquistischen» Abenteurertums.
Was geschah tatsächlich Anfang Juli? Wenn man dem Bericht Suchanows Glauben schenkt, haben die Bolschewiken die Bewegung nicht organisiert und sogar versucht, sie zu verhindern: «Am 3. Juli setzten sich die Massen in Bewegung, zusammen mit bewaffneten Soldaten. In allen Fabriken riefen Delegationen von Arbeitern und Soldaten zum Anschluss an die Bewegung auf. Es folgte zwar schließlich nur eine Minderheit, doch überall wurde die Arbeit niedergelegt. Am Finnischen Bahnhof standen die Züge still, in den Kasernen fanden kurze Meetings statt. Danach marschierten beeindruckende Menschenmassen in Richtung Stadtzentrum. Manche schossen in die Luft, die Schüsse lösten sich wie von selbst. Die aufständische Armee wusste weder, wohin sie gehen sollte noch warum. Die Massen waren sicher zu Gewalt fähig, aber nicht zu bewussten und systematischen revolutionären Aktionen.» Im Inneren des Tauridenpalastes herrscht größte Verwirrung. Die von den gemäßigten Sozialisten geforderte Repression wird von der Führerin der Sozialrevolutionäre, Maria Spiridonova, von Trotzki, der noch Mitglied einer kleinen sozialistischen Gruppierung, den «Inter-Rayonisten», ist, und natürlich den Bolschewiken vehement abgelehnt. Suchanov zufolge schlossen Letztere nicht aus, sich an die Spitze des Aufstandes zu stellen, sollte sich die Situation zu ihren Gunsten wenden.
Vom anarchischen Aufstand zur ersten weißen Terrorwelle Am 4. Juli kommt es zu neuerlichen Demonstrationen.«Gegen 10 Uhr morgens bringen etwa 40 Schiffe Matrosen, Soldaten und Arbeiter aus Kronstadt an den Nikolaus-Quai.» Dem zukünftigen bolschewistischen Kulturminister und Inter-Rayonisten Lunatscharski zufolge, der die Leute von Kronstadt in Empfang nahm, waren sie «20.000 bewaffnete Männer, begleitet von Musik». Sie werden zu Lenin geführt, der sich aber zweideutig und zögernd gibt und zu keiner konkreten Aktion drängt. «Tausende von Männern wissen noch immer nicht, wohin sie gehen und warum» , aber die Bewegung wächst, eine Armee von 30.000 bewaffneten Arbeitern der Fabrik Putilov ist im Anmarsch, während die Regierung die loyalen Truppen und Kosakenregimenter ins Gefecht schickt. An diesem Tag findet die schreckliche Schießerei auf der Nevski-Perspektive statt, die 700 Tote und Verletzte gekostet haben soll. Ein damals aufgenommenes Foto wurde später von Eisenstein in seinem Film «Oktober» verwendet, um diesen tragischen Moment zu verewigen. Es ist die zweite Bürgerkriegswelle nach den Februartagen. Niemand ahnt, was am nächsten Tag geschehen wird.
Am 5. Juli wartet die Presse mit vernichtenden Enthüllungen über Lenin auf. Informationen aus militärischen Quellen zufolge sei der Revolutionsführer ein von den Deutschen bezahlter Agent. Diese Anschuldigungen, die von den alliierten Generalstäben wenn nicht in Umlauf gebracht, so zumindest eifrig verbreitet wurden, allerdings später fast in Vergessenheit gerieten, erlebten eine zweite Blüte unter der Feder des Schriftstellers und Dissidenten Alexander Solschenitsyn («Lenin in Zürich», 1975) sowie der einiger russischer Autoren nach 1991. Sie wurden nie wirklich bestätigt, doch auch das Gegenteil ist nicht ganz eindeutig erwiesen. Wenn der Ausdruck «deutscher Agent» auch zu weit geht, so ist es nicht ganz ausgeschlossen, dass sich unter den oft anonymen Geldgebern der bolschewistischen Partei auch deutsche befunden haben. Marc Ferro zufolge «scheint es wahrscheinlich, dass die Bolschewiken über den deutschen Sozialdemokraten Parvus (…) eine ‚Hilfe’ von der deutschen Regierung erhalten haben, wenn auch minim und vor dem Oktober. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit aber wussten sie nicht, woher die Spenden kamen.»
Die zweifellos vorsätzliche Denunzierung Lenins führt in der bürgerlichen Presse zu einem «Skalptanz». Kerenski gibt den Truppen an der Front, die im Bann dieser Enthüllungen stehen, sofort den Befehl, auf Petrograd zu marschieren. Der sehr verwirrte Sowjet bildet eine Untersuchungskommission, um Lenin zu rehabilitieren. Sie hat aber keine Zeit, ihre Aufgabe zu erfüllen. Am selben Tag beginnt die Jagd auf die Bolschewiken mit den «Hundert Schwarzen», rechtsextreme Milizen, berüchtigt für ihre Pogrome zu Beginn des Jahrhunderts. Am 7. Juli treten die regulären Truppen in Aktion. Es kommt zu Hunderten Verhaftungen von Arbeitern, Matrosen und Soldaten. Im Lauf der Stunden kommen neue Anschuldigungen gegen Lenin in Umlauf: Der Juliaufstand sei von ihm in Koordination mit der deutschen Armee organisiert worden. Die Methode erinnert an Goebbels: «Je größer eine Lüge, desto leichter glaubt man ihr». Jedenfalls ist sie wirksam. Massen von Soldaten und sogar Bolschewiken laufen ins antileninistische Lager über. Die Arbeiter sind demoralisiert. Die reaktionären Truppen von General Polovtsev unternehmen Strafexpeditionen in die Arbeiterviertel von Vyborg und die Insel Wassilevski. Der Befehl wird ausgegeben, die bolschewistischen Führer zu verhaften, aber Lenin ist verschwunden. Am 7. Juli wird der Regierungschef Prinz Lwow entlassen. An seine Stelle tritt der Sozialist Kerenski, der am 8. Juli eine neue Koalition bildet. Sie wird am 25. Juli umgebildet, mit einer sozialistischen Mehrheit, aber im Bruch mit der Basis der Sowjets. Nun wird der «weiße Terror» gegen die radikalen Linken ausgedehnt. Die Todesstrafe wird wieder eingeführt, die Kriegsräte wieder belebt, um die Rebellion der Soldaten zu brechen. Arbeiterzeitungen werden verboten, Druckereien geschlossen, die Geheimpolizei wieder aktiviert. Die Februardemokratie liegt in den letzten Zügen, die zaristischen Nostalgiker fordern die «Bestrafung der Verräter».
Zwischen der sozialistischen Rechten (Kerenski, Menschewiken und rechte Sozialrevolutionäre) und der Linken (linke Sozialrevolutionäre und Bolschewiken) ist der Bruch endgültig. Für Lenin sind die Chancen für einen friedlichen Weg vertan. Diesmal steht wirklich der Aufstand an der Tagesordnung. Zu diesem Zeitpunkt schreibt Lenin im Untergrund «Der Staat und die Revolution». Der Text ist gleichzeitig der «anarchistischte» des revolutionären Denkers, der an den «Zerfall des Staates» mit Hilfe der Sowjets glaubt, aber auch der autoritärste mit der «Diktatur des Proletariats», nötig, um den Widerstand des Staates der besitzenden Klassen zu brechen und einen proletarischen, «provisorischen» an seine Stelle zu setzen.
Der Putsch von Kornilov oder der erste Versuch einer Konterrevolution Auf dem Weg, der vom Februar in den Oktober führt, ist die Julikrise der große Wendepunkt. Aber noch sind die Würfel nicht gefallen. Es braucht die Augustkrise und den Putsch von Kornilov, um die revolutionäre Flamme wieder anzufachen, welche die Machtergreifung durch die Sowjets und die Bolschewiken ermöglichen wird. Noch aber ist sie nicht unvermeidlich. Der Juliaufstand und die darauf folgende brutale Repression haben der Demokratie ein Ende gesetzt und die Achse des offiziellen politischen Lebens nach rechts verrückt. Für Russland gibt es am Ende des Sommers 1917 drei mögliche Wege:
links die «Macht der Räte». Die Bolschewiken sind deren eifrigste Verfechter, doch die Legende von «Lenin, dem deutschen Agenten» hat sie diskreditiert und sie befinden sich im Untergrund. Sie haben sich jetzt für den Aufstand entschlossen. Ihr Ansehen steigt rasch wieder bei der Basis und in den Sowjets.
im Zentrum, die «revolutionäre Demokratie», mit anderen Worten die gemäßigten Sozialisten von Kerenski auf der Suche nach dem «goldenen Mittelweg» zwischen dem Druck der Basis, den Interessen der Bourgeoisie und der parlamentarischen Demokratie. Aber steht das Zentrum wirklich noch «im Zentrum», hat es doch an die Generäle appelliert, um den Juliaufstand niederzuschlagen? Es ist ein unfassbares, inkonsistentes Zentrum.
rechts, die Konterrevolution: Zusammenschluss der Kräfte, die im Februar opponiert hatten – Monarchisten, die im Zarenregime leitende Posten innehatten, liberale Republikaner, verbündet mit den gemäßigten Sozialisten. Dieser «reaktionäre» Weg steht den Volksmassen frontal gegenüber, doch er hat die Unterstützung der Liberalen (Kadetten) und die (angenommene) des Sozialisten Kerenski.
General Kornilov wählt diesen dritten Weg.
Der «Kornilov-Putsch» findet zwischen dem 25. und dem 31. August statt (7. bis 13. September). Die Ereignisse sind so verworren, dass Historiker wie R. Pipes sogar an der Existenz des Putsches selbst zweifeln: Ist es nicht eher ein Putsch Kerenskis, der Kornilov ins Abenteuer treibt, um dann selbst als Retter dazustehen?
Es wäre bei einer Anekdote geblieben, wäre da nicht eine echte, breit angelegte Verschwörung gewesen, die in eine Militärdiktatur münden sollte. Das Projekt bestand, unabhängig von den Fehltritten oder Missverständnissen zwischen Kornilov und Kerenski.
Das Komplott bildete sich in Banker- und Industriellenkreisen in Verbindung mit der Liga der Großgrundbesitzer: eine «feudal-kapitalistische» Front, die man für überholt hielt!
Unmittelbar nach der Februarrevolution konstituierte der Großindustrielle A.I. Putilov mit dem Bankier Wischnjegradski (Russisch-Asiatische Bank) und dem Kriegsminister Gutschkov eine «Gesellschaft für die Renaissance Russlands». Die Liberalen hatten also nie wirklich das Lager der antirevolutionären «Reaktion» verlassen. Sie mussten die Revolution einfach in ihre Pläne einbeziehen und den geeigneten Moment abwarten, um sie zu zerschlagen. Dieser bietet sich zwischen dem 3. und 4. August anlässlich des «II. Panrussischen Kongresses der Vertreter von Handel und Industrie». Die Orientierung des Kongresses riecht nach zaristischer Restauration, ganz sicher-lich aber ist sie «liberal-autoritär». Die Handelsbourgeoisie gibt den Ton an: «Die Personen, die den Staat leiten», erklärt P.P. Riabuschinski, «müssen als Bürger denken, als Bürger handeln. Dass die Natur des Marktes in ihrer vollen Pracht erblühe! Geschäftsleute, wir müssen das russische Land retten!»
Die politische Basis der Reaktion besteht aus Liberalen der KD, Geschäftsleuten, modernistischen Intellektuellen sowie Monarchisten und den «Hundert Schwarzen». Die Kadetten rücken also eindeutig ins rechtsextreme Lager.
Die militärische Basis besteht aus Kommandoeinheiten (Udarnye ) oder «Todesschwadronen», Embryone, aus denen später die berühmte «Weiße Garde» hervorgeht, aus der «Panrussischen Union der Armee- und Flottenoffiziere», der oberen Kosakenhierarchie, den Generälen und zukünftigen Anführern der weißen Armeen – Koltschak, Denikin, Kornilov, Alexejew… Es gibt hier eine Konfusion zwischen Kadetten und Rechtsextremen, die bald verwechselt werden, später während des Bürgerkriegs die «Weiße Armee» und die «KD-Truppen». Gewisse antikommunistische Autoren schätzen heute, dass die Allianz der rechten Kräfte Russland vor dem bolschewistischen Abenteuer hätte bewahren können, wenn Kerenski und das «Zentrum» sich ihnen bedingungslos angeschlossen hätten. Es gab genügend gemeinsame Interessen: Das Vaterland gegen die Deutschen und die Bolschewiken verteidigen, die Subversion der Sowjets zerschlagen. Kann man deshalb von einem «demokratischen Lager» sprechen? Dieses «antibolschewistische Modell», Vorläufer der «Weißen» im Bürgerkrieg, ist es nicht eher eine Variante dessen, was schon bald in Italien und anderswo als «Faschismus» bezeichnet wurde?
Marc Ferro sieht «einige Ähnlichkeiten mit dem faschistischen Modell Italiens und später Deutschlands zur selben Zeit: Abwehr der sozialen Revolution, Initiatorenrolle des Großkapitals, Aktion des Militärs und der Kirche, Infragestellung des Klassenkampfes, Appell an die virile Solidarität der Kämpfer, Einsatz von Spezialeinheiten, Denunzierung der Schwäche der Regierung, Auftauchen neuer Männer, oft ehemaliger Revolutionäre, die sich an die nationale Verteidigung angeschlossen haben, Führerkult, Unterwanderung des Staates, Antisemitismus, Einsatz von Gewalt gegen demokratische Organisationen, Sympathie und aktive Intervention verbündeter Regierungen». («La révolution de 1917 », S. 519). Die Botschaften Großbritanniens und Frankreichs bekunden in der Tat ihr Interesse für die sich abzeichnende Operation «Rückkehr zur Ordnung».
Vom 12. bis 15. August vereinigt eine Staatskonferenz die aktiven Kräfte der Nation: Geschäftsleute, Dumas, Zemstwos, Klerus, Kooperativen, Sowjets, politische Parteien – nur die Bolschewiken fehlen. Es zeichnet sich das Projekt eines sozialen Staates ab auf der Grundlage der Partnerschaft, des Verzichts auf Klassenkampf, des zivilen Friedens, der patriotischen Mobilisierung. Die Konterrevolution ist im Vormarsch, aber sie ist gespalten: Kerenski und die gemäßigten Sozialisten bestehen auf der «repräsentativen Demokratie» und die Ablehnung der Militarisierung, die Liberalen und die Militärs sind für eine starke Exekutive, einen starken Staat, die staatliche Regelung der Arbeitsbeziehungen, die Auflösung der Sowjets. Der harte Flügel hat Aufwind, und Kerenski scheint sich einer gewalttätigen Wiederherstellung der Ordnung nicht mehr zu widersetzen. Hier liegt wahrscheinlich das «Missverständnis»: Die Putschisten glaubten (zu Unrecht), grünes Licht von einem zwiespältigen Kerenski zu haben, der zwar die Bolschewiken, aber auch das Militär fürchtete.
Es gibt drei Kandidaten für den Posten des Diktators: Admiral Koltschak mit den meisten Verbindungen zu den Kadetten, der Oberkommandierende Alexejew und der Kosakengeneral Kornilov. Dieser wird gewählt aufgrund seiner Dienste an der Front und bei der Repression: Auflösung von Meetings der Armee mit Waffengewalt, Hinrichtungen von Deserteuren und Plünderern - er ist bei den Offizieren sehr beliebt.
Die Strategie der Putschisten besteht darin, Unruhen in Petrograd anzustiften, die den Bolschewiken in die Schuhe geschoben werden, damit sie eingreifen und die Sowjets zerschlagen können. Die «Wilde Division» Kornilovs soll die Speerspitze bei diesen Aktionen bilden. Am 25. August – Beginn der Operation – schlägt Kornilov Kerenski (der bis dahin die Operation unterstützt) vor, als Premierminister zurückzutreten und sich in eine neue Regierung zu integrieren. Kerenski begreift, dass seine eigene Macht auf dem Spiel steht, verurteilt die Aktionen der «Wilden Division», ruft die «demokratischen Kräfte» auf, sich gegen die «Militärdiktatur» zusammenzuschließen und… entlässt Kornilov, der nicht einmal in Petrograd einmarschiert und sogar eine Weile ins Gefängnis kommt. Das Blatt hat sich gewendet: Kerenski ersucht um die Hilfe der bolschewistischen Milizen!
Das war der «Fehlstart» der Konterrevolution. Und sogleich danach ihr Zusammenbruch: Drei Armeen von fünf folgten nicht, sogar die Kosaken desertierten und die «Wilde Division» wird durch die von den Bolschewiken aufgestellte «Rote Garde» – 20.000 bewaffnete Männer in der Umgebung von Petrograd – abgeblockt.
An der Westfront bildet sich ein «Militärisches Revolutionskomitee» gegen Kornilov. Auf die weiße und schwarze Flut folgt die rote. Am 31. August proklamiert der Petrograder Sowjet die «Macht der Räte».
Kerenski geht zwar als «Sieger» aus der Konfrontation hervor, politisch aber ist er erledigt. Er hat das Vertrauen der Generäle und der Liberalen verloren, aber das der radikalisierten Massen nicht gewonnen. Sie haben ihn zwar vorübergehend gerettet, verzeihen ihm aber seine «Kompromisse» mit der Konterrevolution nicht.