In Ostdeutschland hat die Treuhand, die zuständig war für die Neuverteilung des DDR-Eigentums, einen kriminellen Ruf. Nun schickt sich eine nächste Treuhand an, Eigentumsansprüche umgesiedelter Deutscher gegen den polnischen Staat durchzusetzen.
Die "Preußische Treuhand GmbH & Co." stützt sich dabei auf Stellungnahmen der deutschen Regierung und behauptet, die Ansprüche unterlägen keiner Frist. In Warschau führt die Abwehr deutscher Restitutionsforderungen inzwischen zu ersten Konflikten mit Rechtsgrundsätzen der Europäischen Union.
Ziel der "Preußischen Treuhand GmbH & Co.", die von mehreren großen Verbänden der deutschen "Vertriebenen" unterstützt wird, ist "das Sammeln, die Verwaltung und die Rechtsverfolgung individueller Eigentumsansprüche deutscher Heimatvertriebener". Betroffen sind weite Teile des polnischen Staatsgebiets. Sollte es nicht zu "einvernehmlichen Lösungen" kommen, droht die Treuhandgesellschaft mit Sammelklagen, wie in den Vereinigten Staaten nach dem Vorbild der Jewish Claims Conference.
Der Vorsitzende der "Landsmannschaft der Schlesier", Rudi Pawelka, kündigte im Juli 2003 auf dem "Deutschlandtreffen" an, seine Organisation werde zunächst gegen die angebliche "anhaltende Diskriminierung der deutschstämmigen Bevölkerung in Polen" rechtliche Schritte einleiten. Die polnische Regierung, so Pawelka weiter, müsse sich "endlich" bei den Deutschen entschuldigen; weiter müssen sie Enteignungen in Folge des Zweiten Weltkrieges rückgängig machen: Jeder "Vertriebene" solle "frei darüber entscheiden" können, "wie er mit seinem Eigentum umgehen will". Das eingeforderte Eigentumsrecht zielt auf mehrere tausend Quadratkilometer polnischen Territoriums.
Während dieser Veranstaltung wies Friedrich Merz, stellvertretender Vorsitzender der größten Oppositionsfraktion des Berliner Parlaments (CDU/CSU) darauf hin, dass das EU-Recht die Voraussetzungen für Prozesse gegen Warschau geschaffen habe. Der Fortbestand von "Vertreibungs- und Entrechtungsdekreten", so Merz, sei nicht vereinbar mit den 1993 vom Europäischem Rat beschlossenen "Kopenhagener Kriterien". Darin waren die EU-Mitgliedsstaaten zum "Schutz von Minderheiten" verpflichtet worden, ohne zu ahnen, dass deutsche Restitutionsansprüche befördert werden sollten.
Die "Preußische Treuhandgesellschaft" geht auf eine Initiative der Ostpreußischen Landsmannschaft zurück. Auf einem Treffen im Juni 2000 im Düsseldorfer Landtag stellte Dr. Ehrenfried Mathiak Vertretern des Bundes der Vertriebenen, der Landsmannschaften und Interessenten aus Politik und Wirtschaft die Treuhandgesellschaft vor, die die Eigentumsansprüche der "Vertriebenen" sammeln, sichern und durchsetzen soll. Diese Gesellschaft beruft sich in ihren Unterlagen auf Stellungnahmen der deutschen Regierung. "Uns liegen", so heißt es, "mehrere Schreiben des bundesdeutschen Auswärtigen Amtes vor, die ganz eindeutig besagen, dass alles Privateigentum von den 4+2 Verträgen nicht betroffen ist". Eigentumsfragen sind auch im deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 ausgeklammert worden.
Eine Gesetzesvorlage für ein Reprivatisierungsgesetz für von der polnischen Nachkriegsregierung enteignetes Vermögen ist unterdessen in Warschau am Einspruch des polnischen "Amtes für europäische Integration" gescheitert. Die Vorlage sei "nicht konform mit EU-Recht", hieß es in Warschau, da der Gesetzesentwurf nicht vorsah, ehemals deutsches Eigentum in den an Polen abgetretenen Gebieten Deutschen zu übertragen.
Hat die Rechtslage wirklich Lücken, die die Vertriebenen-Verbände geltend machen? Oder ist es eine propagandistische Schlacht, die dennoch ihre Wirkung zeitigen wird?
Nach Informationen von www.german-foreign-policy.com